Kleine Karte zu großem Spiel

In Borussias Sammlung für das geplante Museum befinden sich etliche Eintrittskarten großer Spiele der Vereinsgeschichte. Das Ticket zum 7:1-Schützenfest gegen Inter Mailand im Europapokal der Landesmeister 1971 hat aus mehreren Gründen einen besonderen Wert

Fussball Den Glanz, den das Spiel später verbreiten sollte, kann das kleine Stück Papier keineswegs versprühen. Noch nicht einmal die Paarung und das Datum sind auf der Eintrittskarte abgedruckt. Was letztlich wiederum passt. Schließlich taucht das Spiel, für das die Karte Eintritt gewährte, heute in keiner offiziellen Statistik auf. Deswegen nimmt das Ticket für das Europapokalspiel der Borussia gegen Inter Mailand am 20. Oktober 1971 auch eine besondere Stellung unter all den gesammelten Eintrittskarten großer Gladbacher Auftritte ein. Und das liegt nicht nur am sensationellen 7:1-Erfolg der Fohlen gegen den italienischen Meister an jenem Herbstabend.

"Wir waren nicht zu bremsen"

"Wir hätten an diesem Tag alles überspielt, egal, was sich uns in den Weg gestellt hätte. Wir waren wirklich nicht zu bremsen", sagte Günter Netzer später zur Gala im Europapokal der Landesmeister, die als eine der besten Europapokalpartien einer deutschen Mannschaft gilt. Borussias Spielmacher erzielte wie Jupp Heynckes und Ulrik le Fevre zwei Tore, zudem traf Klaus-Dieter Sieloff per Elfmeter. Doch am Ende war das Schützenfest nur Makulatur, da beim Stand von 2:1 eine Cola-Dose auf das Spielfeld geflogen war und Interstar Roberto Boninsegna getroffen hatte.

Da dieser sich (wohl angesichts des drohenden Debakels) gleich vom Platz tragen ließ und die Italiener Einspruch gegen die Wertung des Spiels einlegten, annullierte die Uefa den glorreichen Sieg, Borussia schied letztlich gegen Inter aus.

Beim 7:1 aber hatten die Zuschauer auf dem Bökelberg ein großes Spektakel erlebt - und dafür für heutige Verhältnisse wenig bezahlen müssen. Zehn D-Mark kostete damals der unüberdachte Stehplatz für Erwachsene. Dabei hatte eine Eintrittskarte zu diesem Spiel einen ganz anderen Wert. Zum einen konnten damals nur 27 500 Zuschauer dem Spiel beiwohnen, da 1971 gerade die Südost-Ecke sowie der Ostwall des Bökelbergstadions ausgebaut wurden und daher nur ein Teil der Gegengerade den Fans zur Verfügung stand..

Zum anderen waren nur diese 27 500 Fans Zeuge des besonderen Schauspiels. Denn ausgerechnet Borussias größtes Europapokalspiel wurde nicht live im Fernsehen übertragen. Grund war die Forderung des damaligen Managers Helmut Grashoff, der 60 000 Mark plus Mehrwertsteuer (sie lag 1971 bei elf Prozent) verlangte. Die ARD war aber nicht bereit, diese 6600 Mark draufzulegen, die Live-Übertragung fiel aus.

Das 7:1 der stürmischen Fohlen über das gefürchtete, italienische Abwehr-Bollwerk namens Catenaccio bot genügend Stoff für Geschichten und Legenden. Der kleinen Eintrittskarte zu diesem großen Spiel kann man das damals wie heute wahrlich nicht ansehen.

(RP)
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