Fortbildung via Internet Frauenärzte lernen auch am Flughafen

Windberg · „Gyn to go“ heißt die Fortbildungs-Plattform, die der Mönchengladbacher Gynäkologe Thilo Gröning konzipiert hat. Bis zu 2500 Mediziner schalten sich online zu, wenn Referenten Neues aus dem Fachgebiet vorstellen. 

 Thilo Gröning hatte vor acht Jahren die Idee, Kollegen die Weiterbildung via Internet zu erleichtern.

Thilo Gröning hatte vor acht Jahren die Idee, Kollegen die Weiterbildung via Internet zu erleichtern.

Foto: Thilo Gröning/Frank Elschner

Fortbildung ist für Mediziner nicht nur Pflicht, sie ist für verantwortungsbewusste Ärzte auch selbstverständlich. Doch bei hoher Arbeitsverdichtung und ständigem Termindruck fehlt häufig die Zeit, an Fortbildungsveranstaltungen  teilzunehmen. Der Mönchengladbacher Frauenarzt Thilo Gröning hat eine Lösung: Er bietet eine für Ärzte kostenlose Live-Online-Fortbildung an. Die Idee hatte er vor acht Jahren. Sie ist zu einem Erfolg geworden und findet heute Nachahmer in anderen Fachbereichen.

Gyn to go hat Gröning sein Projekt genannt, das es mit seiner Berliner Kollegin Babett Ramsauer leitet. „Ich habe vor Jahren für meinen damaligen Chef  in der Frauenklinik der Kaiserswerther Diakonie eine Konferenz organisiert und dabei eine damals noch sehr neue Konferenzsoftware kennengelernt“, erzählt der Gynäkologe, der heute Partner in einer Gemeinschaftspraxis in Windberg ist. Die Software war Anstoß, über einen Einsatz in der Fortbildung nachzudenken. „In meinem Klinikalltag bin ich immer wieder der Situation begegnet, dass die wichtige Fortbildung von Ärzten, Fachpersonal und Assistenten an vielen Zwängen scheiterte – zu wenig Personal, zu hohe Fortbildungskosten. Für die Lektüre der wichtigen Fachpublikationen fehlte oft die Zeit“, berichtet er.

Seine Antwort auf diese Probleme: Gyntogo. Die Online-Plattform startete mit bescheidenen Zielen. „Wir haben mit etwa hundert Teilnehmern bei der ersten Fortbildung gerechnet“, sagt Gröning. „Weil die Nachfrage aber so groß war, mussten wir sofort auf  tausend Plätze aufstocken.“ Heute nehmen an einer Morgen-Sitzung bis zu 2500 Ärzte, Pfleger und Hebammen teil, die sich aus Kliniken, Praxen oder von Zuhause aus einwählen.

Mehr als 100 Veranstaltungen finden auf der Online-Plattform pro Jahr statt. Und zwar immer live. Renommierte Referenten berichten über neue Entwicklungen in der Frauenheilkunde. Das Themenspektrum reicht von der Kinderwunschmedizin bis zur Therapie von Malignomen in der Schwangerschaft. Die Vorträge finden morgens von 7.30 bis 8.15 Uhr als Angebot für die Klinikärzte statt und werden abends zwischen 20 und 20.45 Uhr als Version für Zuhause wiederholt. Die Teilnehmer hören den Referenten, sehen die Powerpoint-Präsentation und können Fragen stellen. „Auf eine Kameraübertragung, die den Referenten zeigt, verzichten wir bisher, weil das den technischen Aufwand vergrößern würde“, erklärt Gröning.

Momentan reicht es, wenn sich der Referent mit seinem Laptop einwählt. „Das kann auch schon mal vom Flughafen aus sein“, sagt der Organisator, der die Veranstaltungen moderiert. Aber es gibt auch Live-Übertragungen aus der Uni-Klinik Tübingen, bei denen OP-Techniken demonstriert werden.

Zusätzlich bietet Gyn to go monatliche Basiskurse und Spezialkurse am Wochenende an. Zum Beispiel auch zu Themen wie Endokrinologie. „Dieser Bereich gehört zur Facharztprüfung, wird in den Kliniken aber kaum noch angeboten“, sagt Gröning. Umso wichtiger ist das Online-Angebot für die jungen Mediziner.

Weil Planung und Umsetzung kostenlos und ehrenamtlich erfolgen, ist das Projekt inzwischen als gemeinnützig anerkannt. Andere medizinische Fachbereiche klinken sich mit eigenen Angeboten ein.

Den Notfallmedizinern hat Gröning das Portal bereits zur Verfügung gestellt, Kinderärzte und Orthopäden signalisieren Interesse. „Das Angebot lässt sich noch auf weitere Bereiche ausdehnen“, sagt Gröning. Auch interdisziplinäre Angebote wären dann möglich.

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