Mönchengladbach Abschied vom Hauptquartier

Mönchengladbach · Das Rheindahlener JHQ leert sich. Bis 2016 zieht die britische Regierung alle Soldaten ab. Jetzt verabschiedete die Bundeswehr das Allied Rapid Reaction Corps der Nato nach Innsworth in Südwest-England. Hohe Offiziere kamen. Es war für sie und viele zivile Gäste ein bewegender Moment.

Rückblick: "Very british": Die Welt des JHQ in Mönchengladbach
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Rückblick: "Very british": Die Welt des JHQ in Mönchengladbach

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Vor dem "Big House" spielt das Musikkorps der Bundeswehr das Lied "Lili Marleen", mit dem Lale Andersen im Zweiten Weltkrieg die Herzen von Millionen Soldaten gerührt hatte. Fackeln flackern im Nieselregen, Wehmut erfasst die Besucher des Großen Zapfenstreichs — Abschiedsstimmung im Rheindahlener Hauptquartier.

Mit dem alten Zeremoniell des Zapfenstreichs verabschiedete der der Inspekteur des deutschen Heeres, Generalleutnant Werner Freers, am Montagabend im Namen der Bundesrepublik das Allied Rapid Reaction Corps (ARRC) der Nato nach Innsworth in Südwest-England. "Mönchengladbach ist die Heimat des ARCC und wird es immer bleiben", hatte beim Empfang dessen Kommandeur Sir Richard Shirreff den internationalen Gästen zugerufen. Ein Gefühl von Zuhause

Der Generalleutnant ist ein Beispiel für die lange deutsch-britische Partnerschaft, die nun in Mönchengladbach zu Ende geht: Die Hälfte seiner Militärdienstzeit habe er in Deutschland verbracht, sein Sohn sei in Rinteln zur Welt gekommen, sagte Shirreff in einer persönlichen und bewegenden Rede. "Wir fühlen uns hier wie zu Hause und haben viele enge und dauerhafte Freundschaften geschlossen. Wir werden das sehr vermissen."

Hohe Offiziere, die im Rheindahlener HQ Dienst geleistet hatten, waren zum Abschied noch einmal nach Mönchengladbach gekommen: Brigadegeneral Carsten Jacobson vom Heeresführungsführungskommando in Koblenz zum Beispiel, dessen Frau Sally Jane Britin ist, Brigadegeneral Hans-Christoph Ammon, heute Kommandeur des geheimnisumwitterten Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr in Calw, und Brigadegeneral a.D. Henning Glawatz, der 1997 mit seinem Hubschrauber-Kommando unter Beschuss mehr als Hundert Menschen aus bürgerkriegsähnlichen Unruhen in Albanien gerettet hat.

Was mag Generalmajor a.D. Hans Hoster, ehemaliger Vorsitzender der Otto-von-Bylandt-Gesellschaft, beim Ausmarsch des Wachbataillons gedacht haben, als die Marschtritte auf dem nassen Asphalt verhallten? Als Chef des Stabes der Nato-Heeresgruppe Nord, als Befehlshaber des Territorialkommandos Nord und später als Gladbacher Bürger war Hoster über Jahrzehnte eng mit dem HQ verbunden.

Die Gewehrgriffe des Wachbataillons der Bundeswehr saßen gewohnt perfekt und knallten wie Schüsse über den Vorplatz des riesigen weißen Stabsgebäudes mit 2000 Büros und schier endlos langen Gängen.

Hier haben seit 1954 Zehntausende von Soldaten zur Sicherung des Friedens in Europa gearbeitet. "Das ist ein sehr emotionaler Moment für viele hier, ein Augenblick der gemischten Gefühle", beschrieb Generalleutnant Freers, an die Alliierten gewandt, treffend die Stimmung. "Für uns Deutsche ist das ein trauriger Anlass. Wir sind nicht glücklich, Sie gehen zu sehen.

Mit Ihnen endet die lange Geschichte der britischen Truppen in Deutschland." Aufmerksam hörten die Gäste, darunter der britische Generalkonsul Malcolm Scott und Oberbürgermeister Norbert Bude, dem General zu. Das ARRC, dem unter britischer Führung Soldaten aus 15 Nationen angehören, wird ab Juni in Innsworth stationiert sein. Am 18. Juni findet eine Abschiedsparade mit viel Prominenz in Rheindahlen statt.

Bis 2015, so die Entscheidung in London, werden weitere britische Einheiten, die zum ARRC gehören, aus Kostengründen ebenfall auf die Insel verlegt und das JHQ sowie der Standort Niederkrüchten-Elmpt voraussichtlich 2016 endgültig geschlossen. Der in Deutschland verbleibende Unterstützungsstab (Germany Support Group) wird seinen Sitz in Herford haben.

Das schnelle Eingreifkorps, das aus Teilen der britischen Rheinarmee gebildet wurde und seit Mai 1994 in Rheindahlen stationiert war, wurde immer wieder als Speerspitze der Nato in internationalen Krisen eingesetzt.

Im Kosovo führte das ARRC Soldaten aus 32 Nationen, darunter erstmals Russen. Das hätten sich der legendäre Field Marshal Bernard Montgomery, der erste "Boss" der Rheinarmee, und General Sir Richard Gale, erster britischer Oberbefehlshaber in Gladbach, kurz nach dem zweiten Weltkrieg nicht träumen lassen.

(RP)
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