Meerbusch Haus mit dunkler Vorgeschichte

Meerbusch · Mundart-Experte Johannes Toups hat im Nachlass seines Onkels Wilhelm Toups Unterlagen zur Historie des Gebäudes gefunden, in dem sich heute der katholische Kindergarten Lank befindet. Es war einst ein HJ-Heim.

 Wilhelm Dieckmann (links), Schwester Berna, Leiterin des Kindergartens (2.v.l.) bis März 1957), Bürgermeister Heinrich Wieler (rechts). repro: dackweiler

Wilhelm Dieckmann (links), Schwester Berna, Leiterin des Kindergartens (2.v.l.) bis März 1957), Bürgermeister Heinrich Wieler (rechts). repro: dackweiler

Foto: Dackweiler, Ulli

Der heutige katholische Kindergarten in Lank-Latum war einst ein NS-Heim der Hitlerjugend. Der Meerbuscher Mundart-Experte Johannes Toups hat nun im Nachlass seines im Jahre 2000 verstorbenen Onkels Wilhelm Toups die Geschichte des "wahrscheinlich ersten Kindergartens von Lank und Latum" entdeckt.

 Johannes Toups vor dem katholischen Kindergarten Lank.

Johannes Toups vor dem katholischen Kindergarten Lank.

Foto: ulli dackweiler

Und Wilhelm Toups war der Stadt Meerbusch kein Unbekannter: Unter anderem publizierte er in den Meerbuscher Geschichtsheften. Auch den Rheinlandtaler erhielt der damals in Duisburg lebende Lank-Latumer für seine historischen Verdienste. Im Landesarchiv in Düsseldorf hatte er sprichwörtlich ein zweites Zuhause. "Als er starb, habe ich seine ganzen Unterlagen an mich genommen", so Johannes Toups.

Schenkung an die Gemeinden

Bei der Durchsicht der Dokumente habe er nun eine Arbeit seines Onkels entdeckt, die die Geschichte des katholischen Kindergartens in Lank-Latum erhellt — und gleichzeitig eine Persönlichkeit besonders hervorhebt: Lankerin Josepha van Haag. "Am 28. März 1895 vollzog sie eine notarielle Schenkung", berichtet Johannes Toups. Sie schenkte den Gemeinden Lank und Latum "zu unwiderruflichem und unbeschränktem Eigentum" ein Ackerstück von 65,40 Ar, das auf einen Wert von 500 bis 600 Mark geschätzt wurde.

"Außerdem gab sie den beiden Gemeinden die bare Summe von 300 Mark", so Toups. Die damals in Düsseldorf lebende Josepha van Haag verband die Schenkung mit einem Zweck: Mit den Mitteln sollte eine "Kinderverwahranstalt" errichtet werden.

Kinder im vorschulpflichtigen Alter sollten von einer Schwester des katholischen Krankenhauses vor Ort beaufsichtigt werden, während die Eltern arbeiteten. "Josepha legte großen Wert darauf, dass der katholische Charakter gewährt wurde", erklärt Johannes Toups. Und die örtliche Politik schien schon Ende des 19. Jahrhunderts so schnell zu arbeiten wie heute.

Bereits ein halbes Jahr später sollte das Ackerstück verkauft und ein Raum angemietet werden. "Sie kamen im Haus der damaligen Apotheke Stephani an der Haupstraße 79 unter." Die Anmeldezahl: 63 Kinder. "Das war eine Euphorie", schwärmt Johannes Toups. Am 1. Mai 1896 ging dann der Betrieb los. Dies reichte den Gemeinden allerdings nicht. An der heutigen Stelle des Schwesternwohnheims des Elisabeth-Krankenhauses wurde ein Neubau in Auftrag gegeben. "Es kann allerdings nicht gesagt werden, wann genau. Es könnte Anfang 1898 gewesen sein", so Toups.

Am 7. Mai 1900 bekam die Kinderverwahrschule elektrisches Licht, 1931 die erste Heizung. Im Ersten Weltkrieg diente der Kindergarten kurz als Lazarett, nach dem Zweiten Weltkrieg zogen die Kinder um — in den heutigen katholischen Kindergarten, in das ehemalige HJ-Heim von Lank-Latum. Die HJ-Heim-Entstehung will Johannes Toups in die 30er Jahre verorten. "Es muss zeitgleich mit dem Büdericher HJ-Heim eingerichtet worden sein", spekuliert Johannes Toups.

(RP/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort