Interview mit Joachim Müller "Pferde brauchen viel Bewegung"

Langenfeld · Der Amtsveterinär des Kreises Mettmann spricht bei der Tagung für Pferdebetriebe auf dem Gelände des Pferdesportzentrums Rheinland in Langenfeld am 20. Februar über Stallkontrollen und Tierschutz.

 Kreisveterinär Joachim Müller begutachtet seit 26 Jahren Betriebe, die Pferde halten.

Kreisveterinär Joachim Müller begutachtet seit 26 Jahren Betriebe, die Pferde halten.

Foto: Kreisverwaltung Mettmann

Herr Müller, wie viele Betriebe mit Pferdehaltung gibt es aktuell im Kreis Mettmann?

Müller Heute gibt es 363 Haltungen mit insgesamt 4600 Tieren.

Hat sich die Zahl im Vergleich zu früher sehr geändert?

Müller Die Entwicklung ist interessant: 1988, vor 26 Jahren, gab es im Kreisgebiet 276 Pferdebetriebe und private Haltungen mit insgesamt 2600 Tieren. Viele Landwirte, die früher Schweine oder Rinder hatten, haben aus wirtschaftlichen Gründen auf Pferde umgestellt.

Welche Rassen stehen überwiegend in den Ställen?

Müller Sie finden in der Region überwiegend das klassische Warmblutpferd. Kaltblutpferde sind ehr die Ausnahme. Sie werden aber beispielsweise wegen ihrer geduldigen Art gerne als Therapiepferde eingesetzt.

Welche Voraussetzungen sind notwendig, damit ein Pferd artgerecht gehalten werden kann?

Müller Artgerecht ist es, Pferde im Herdenverband in freier Wildbahn zu halten. Das geschieht nur noch selten, beispielsweise im Merfelder Bruch bei Dülmen im Münsterland.

Und bei uns?

Müller Wir sprechen bei uns von einer möglichst artgemäßen Haltung. Darauf läuft es in den meisten Fällen hinaus. Der Tierschutz bekommt von Jahr zu Jahr einen höheren Stellenwert, und Pferdehalter müssen die Haltungsbedingungen der von ihnen gehaltenen Pferde jährlich hinterfragen. Dunkle Stallabteilungen mit kleinen Boxen, wie es sie früher einmal gab, baut der verantwortungsvolle Halter nach und nach in helle Unterkünfte mit möglichst viel Licht von außen um. Die Entwicklung im Kreis Mettmann geht in diese Richtung. Ausnahmen sind selten.

Reicht das?

Müller Nein. Ein Pferd braucht natürlich die Möglichkeit, sich auch außerhalb des Trainings viel zu bewegen. Es sollte mindestens drei Stunden freie Bewegung auf einer Koppel oder ähnlichen Auslaufflächen zur Verfügung haben. Das ist der notwendige Ausgleich zu den Übungen in der Halle, die es mit Sattel und Zaumzeug unter dem Reiter macht.

Sie führen als Amtstierarzt Kontrollen in den Betrieben durch. Wie oft finden diese Besuche statt?

Müller Es gibt im Kreis Mettmann zahlreiche Betriebe und Haltungen. Außerdem müssen wir rinderhaltende, schweinehaltende, schaf- und ziegenhaltende und geflügelhaltende Betriebe überprüfen. Deshalb ist es nicht leistbar, alle regelmäßig zu besuchen. Im vergangenen Jahr war es unser Ziel, 20 größere Pferdebetriebe zu kontrollieren.

Kündigen Sie diese Kontrollen an?

Müller Ja. In der Regel einen Tag vorher. Ich muss ja sicherstellen, dass dann ein Ansprechpartner am Ort ist. Viel Zeit, gravierende Dinge zu kaschieren, gibt es so nicht. Ich sehe den Schwerpunkt meiner Arbeit aber auch in der Beratung und habe in den 26 Jahren meiner Tätigkeit eine solide Vertrauensbasis zu den Betrieben aufgebaut. Erhalten wir aber eine Anzeige, beispielsweise, weil Tiere nicht richtig versorgt werden, reagieren wir sofort und ohne Anmeldung.

Was sind die häufigsten Beanstandungen?

Müller Bei Kontrollen ohne Anlass sind wir recht zufrieden mit dem Ergebnis. Man findet auch dann natürlich immer Schwachstellen, beispielsweise, dass einzelne Boxen noch nicht den Richtlinien entsprechend ausgebaut worden sind. Erhalten wir eine konkrete Anzeige, erleben wir beispielsweise häufig Tiere im Herbst und Winter draußen ohne Unterstand auf verschlammtem Boden. Konventionelle Betriebe werden auch immer wieder angezeigt, weil sie den Tieren zwar Bewegung ermöglichen, diese aber stundenlang ohne Heu und Wasser im Matsch stehen.

Welche Folgen hat das für den Betrieb?

Müller Die Inhaber erhalten eine mündliche Anordnung, und wir machen eine Nachkontrolle. Ändert sich die Situation der Tiere nicht, gibt es eine schriftliche Ordnungsverfügung oder auch ein Bußgeld.

Woran erkennen Sie, dass ein Pferd nicht gut gehalten wird?

Müller Im Grunde schauen wir uns die ganze Anlage an.

Entdecken Sie bei Ihren Routinekontrollen auch verhaltensauffällige Tiere?

Müller Stoßen wir auf ein Tier, das beispielsweise mit dem Kopf hin und her schlägt oder immer im Kreis geht, müssen wir im Gespräch überprüfen, ob es sich um ein Pferd handelt, das in der Boxenhaft verkümmert.

Gibt es aktuell im Kreis Mettmann ansteckende Krankheiten oder Seuchen?

Müller Aktuell sind keine in amtlicher Kenntnis.

PETRA CZYPEREK STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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