Diskussionsabend in Krefeld Wie die Wende für die City zu schaffen ist

Krefeld · Ein hochkarätig besetzter Diskussionsabend der Werbegemeinschaft zeigte Wege zur Attraktivierung der Innenstadt auf und zeugte doch auch von großer Ernüchterung. Vieles, was die Wende bringen soll, blieb nebulös und unerörtert.

 Christoph Borgmann, Vorsitzender der Werbegemeinschaft, bei seinem Vortrag.

Christoph Borgmann, Vorsitzender der Werbegemeinschaft, bei seinem Vortrag.

Foto: Samla Fotoagentur/samla.de

Ernüchternd und wenig ermutigend  war eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion zur Entwicklung der City, die die Werbegemeinschaft ausgerichtet hat. Stadt und Handel können sich demnach nicht auf das Ziel verständigen, die Drogenszene mittelfristig vom Theaterplatz  zu verdrängen. Auch die Einrichtung eines Drogenkonsumraums, der die Stadt einen hohen sechsstelligen Betrag im Jahr kosten wird, trägt nach Auskunft der Fachleute zu diesem Ziel nichts bei. Die seit Monaten auf dem Theaterplatz stationierte mobile Wache hat nach Auskunft der Polizei bislang nur erbracht, dass man Verhalten und Struktur der Szene besser verstehe. Dabei wurde auch klar, dass Krefeld im Wettbewerb um Kunden keine Zeit mehr hat: „Krefeld hat in der Bewertung der Innenstadt eine müde Drei; das reicht nicht“, sagte Christoph Borgmann als Vorsitzender der Werbegemeinschaft vor rund 100 Gästen aus Handel und Politik. Die Diskussion bestritten Dezernent Thomas Visser, Kämmerer Ulrich Cyprian, Polizeihauptkommissar Jürgen Moll und Borgmann. Es sollte um das Konzept  „Handeln und helfen“ gehen, mit dem  die Stadtverwaltung die City attraktiver machen und Hilfsangebote für Drogenkranke ausbauen will.

Ermutigend war der Ort, an dem die Debatte stattfand: die neue Geschäftsstelle der Wohnstätte am Standort der ehemaligen Werkkunstschule. Der Bau ist innen wie außen hell, modern und angenehm und verbindet funktionalen Purismus mit der schönen, sorgsam aufgearbeiteten historischen Fassade der Werkkunstschule. Borgmann zeigte sich erfreut über diese Aufwertung der Innenstadt.

Er betonte in seinem Eingangsvortrag, dass er nicht einfach nach der Stadt rufe – auch der Handel müsse seine Hausaufgaben machen.  Dabei zeigte er sich  kämpferisch: „Auch das Internet ist angreifbar. Ein nettes Lächeln kann das Internet nicht bieten.“

Wenig Hoffnung, dass  ein Drogenkonsumraum an der Präsenz der Szene in der Stadt etwas ändert, ließen Cyprian und Visser. Es sei eine Illusion zu glauben, die Szene verschwinde dann aus dem Straßenbild, sagte Cyprian. Visser zeigte sich skeptisch gegenüber der Möglichkeit, eine Szene überhaupt zu verdrängen. „Es gibt keine Handhabe, den Menschen zu sagen: Ihr haut da jetzt ab.“

Dass es andererseits sehr wohl Strategien für eine Verdrängung gibt, machte indirekt Hauptkommissar Moll deutlich. Er berichtete von einer Serie von Razzien auf dem Theaterplatz im November; schon ab Razzia Nummer zwei  seien weniger Personen angetroffen worden.

Die Einrichtung einer Mobilen Wache auf dem Theaterplatz habe für ihn bislang noch keinen sichtbaren Effekt bewirkt, resümierte Borgmann. „Ich kann nicht wahrnehmen, dass die Szene weniger wird“, sagte er, „wenn ich durch eine Stadt wie München fahre, dann sehe ich da nichts.“  Als  Beispiel für eine angenehme Innenstadt nannte er Hilden, dem bundesweiten Sieger bei einem Ranking über die Beliebtheit von Innenstädten, den das Kölner Handelsforschungsinstitut IFH erstellt hat (wir berichteten). Kämmerer Cyprian forderte im Gegenzug Fairness für Krefeld. Hilden sei mit 55.000 Einwohnern nicht vergleichbar mit Krefeld.  Warum München einen durchweg gepflegten Eindruck hinterlässt, blieb unerörtert.

Unterm Strich zeichnete sich der Eindruck ab: Es gibt in Krefeld  weder den Glauben an die Machbarkeit noch den Willen, die Szene vom Theaterplatz zu verdrängen. Denkt man das zu Ende, so zeichnete sich an diesem Abend  auch dies ab: Theaterplatz und Seidenweberhaus werden bis zum Abriss des Seidenweberhauses nach Fertigstellung des neuen technischen Rathauses auf dem Theaterplatz weiter verkommen. Der  Zustand wird sich über die nächsten fünf bis zehn Jahre eher verschärfen, weil nichts mehr ins Erscheinungsbild des Seidenweberhauses investiert wird. Heißt: Die Stadt wird diese Zone, die das Image Krefelds aufs Schwerste belastet, auf absehbare Zeit nicht los. Borgmann sprach an einer Stelle von dem Ziel, in zwei Jahren einen schönen Platz zu haben – eine Illusion.

Wenig Handfestes war zum Thema Sauberkeit zu hören. Borgmann fragte, ob sechs Uhr morgens der richtige Zeitpunkt für eine Straßenreinigung sei. Er rief seine Händlerkollegen dazu auf, auch mal selber zum Besen zu greifen. Ob Fegen reicht, wurde nicht näher erörtert, wie generell nicht diskutiert wurde, woher der Eindruck, Krefelds City sei schmutzig, eigentlich kommt – so gab es auch keine Debatte über eine Strategie, wie dem Eindruck mangelnder Sauberkeit entgegengewirkt werden kann. Vermüllt ist die Innenstadt jedenfalls nicht. Woher also rühren die   Schmähungen über die Verschmutzung der City?

Was nicht zur Sprache kam: Neben der allgegenwärtigen Kaugummi-Plage besteht ein Problem aus unappetitlichen Hinterlassenschaften: Erbrochenes, Urin, Essensreste oder sonstige Schlieren und Substanzen auf der Straße und an Fassaden, die teils Wochen vor sich hin gammeln und den Weg der langsamen Zersetzung gehen. Fegen? Hier müsste man mit dem Kärcher arbeiten oder Feuchtkehrmaschinen einsetzen, vor allem in überdachten Bereichen, etwa bei der Haltestelle Rheinstraße, den Sparkassen-Arkaden, dem überdachten Bereich an der Ecke Rheinstraße/ Ostwall, auf der Königstraße oder am Neumarkt. Dort wirken Unrat und Erbrochenes besonders widerwärtig, weil an dem Platz Gastronomie beheimatet ist. Man sollte an dieser Stelle beim Kaffee oder beim Essen den Blick besser nicht schweifen lassen.

Frustriert zeigte  Borgmann sich beim Thema Westwall-Markt. „Man guckt dem Westwall-Markt zu, wie er verschwindet, und das seit zehn Jahren“, sagte er. Er regte an, den Makt auf den Dionysius-Platz zu verlegen. Wenig Hoffnung machte der Abend auch bei einem anderen Punkt: die Dauer, in der Baumaßnahmen der Stadt umgesetzt werden. „Wir brauchen verbindliche Zeitschienen“, sagte Borgmann. Eine Antwort blieb aus.

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