Kleve Nijinsky und die Kunst der Keramik

Kleve · Sperrig der Titel, fantastisch die Werke: "Tendenzen deutscher Keramik 1905 bis 1935 – Vom Jugendstil zum Bauhaus" heißt es im Museum Kurhaus Kleve. Werner Steinecke hat seine umfangreiche Sammlung dem Museum geschenkt. Die Eröffnung ist am Sonntag.

 Von Eva Stricker-Zeisel - das Tablett mit der Karaffe von 1929.

Von Eva Stricker-Zeisel - das Tablett mit der Karaffe von 1929.

Foto: Klaus Stade

Sperrig der Titel, fantastisch die Werke: "Tendenzen deutscher Keramik 1905 bis 1935 — Vom Jugendstil zum Bauhaus" heißt es im Museum Kurhaus Kleve. Werner Steinecke hat seine umfangreiche Sammlung dem Museum geschenkt. Die Eröffnung ist am Sonntag.

 Der Sammler: Werner Steinecke.

Der Sammler: Werner Steinecke.

Foto: Stade, Klaus-Dieter

Es ist ein Service für den Frühling: Frisch, geradezu saftig das Grün der Teetassen und der Kanne, darin ein leuchtend gelber Streifen, unterstrichen von warmen Braun-Tönen. Das Teegeschirr der großen ungarischen Industriedesignerin Eva Stricker-Zeisel sonnt sich im warmen Licht, das durch die großen Fenster in die Galerie des Museums Kurhaus fällt. Hier hat Dr. Roland Mönig, kommissarischer Leiter des Kurhauses, zwischen den Säulen die Vitrinen mit den neuen Keramik-Schätzen des Hauses gesetzt. Voller Kannen, Tassen, Teller, Figuren, Vasen. Werke von Jugendstil über Art Deco und Expressionismus bis hin zum Bauhaus sind hier versammelt. Farbenfroh, im klaren Design spiegelt sich die Geschichte der hohen Keramikkunst wider, der Idee vom gut gestalteten, künstlerisch wertvollen Gebrauchsgut.

300 bis 400 verschiedene Stücke aus der Sammlung von Werner Steinecke sind chronologisch geordnet aufgereiht, als Einzelstücke, Services oder in Gruppen. Das sind knapp 20 Prozent der gesamten Sammlung, der der Klever Kunstliebhaber dem Museum schenkte und von der Teile künftig im ausgebauten Friedrich-Wilhem-Bad ständig zu sehen sein sollen, so Mönig gestern bei der Pressevorstellung der Ausstellung, die Sonntag, 11.30 Uhr, mit Reden von Drs. Guido de Werd, Werner Steinecke und Dr. Roland Mönig eröffnet wird.

Seit er auf einer Blindenschule Keramik-Stücke ertastete, sammelt Steinecke die hohe Kunst des Gebrauchsguts. Er stöberte über Flohmärkte, brachte aus dem Ausland wertvolle Stücke wie Vorratsdosen von Jugendstil-Architekten Joseph Maria Olbrich zurück, die schwedisch beschriftet sind. Schließlich stammen sie aus Stockholm. Mit schmalem Geldbeutel gesammelt, stammen nur wenige der Ausstellungsstücke aus Auktionen oder vom Kunsthandel.

Dennoch gelang Werner Steinecke eine geschlossene Linie von der Jahrhundertwende bis ins Dritte Reich. Denn tatsächlich wurden viele der vom Bauhaus inspirierten Entwürfe auch noch bis in die 1940er Jahre produziert. Es sind die wichtigsten Manufakturen ebenso dabei, wie große Namen — Olbrich oder Riemerschmidt oder eben Eva Stricker-Zeisel, die voriges Jahr 105-jährig in New York starb. Steinecke lernte sie Ende der 1980er Jahre noch persönlich kennen.

Die Keramik ist Kunst zum Anfassen für den Gebrauch: wie die bauchigen Kakao-Kannen mit den Zinndeckeln, die den Rahm auffangen, den die Kinder nicht mögen. Oder die dicken Bierkrüge, die den Gerstensaft kühl halten. Schick das Hummergeschirr. Elegant-verspielt wiederum der Tänzer Nijinsky in typischer Pose. Eine Jugendstilfigur von 1912.

Internet Mehr Bilder www.rp-online.de/kleve

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort