Kevelaer Amüsanter Abend: "Wilsberg" gibt den Kunstkenner

Kevelaer · Kurz vor Schluss halten die Besucher den Atem an. Der wird doch nicht? Doch, der wird. Leonard Lansink alias Wilsberg, der jetzt hier auf der Bühne Marc heißt, packt sich den dicken roten Filzstift und beginnt damit auf der großen Leinwand herumzumalen. Aus dem 200.000-Franc-Kunstwerk in Weiß auf weißer Leinwand wird mit wenigen Strichen eine krakelige Skifahrerin.

 Mit guten Argumenten versucht Luc Feit (links) seinen Kollegen Leonard Lansink zu überzeugen.

Mit guten Argumenten versucht Luc Feit (links) seinen Kollegen Leonard Lansink zu überzeugen.

Foto: ZEL

Dieser Akt der Zerstörung setzt den Schlusspunkt unter das turbulente Stück "Kunst" von Yasmina Reza im Konzert- und Bühnenhaus. Das ist bestens besucht, mehr als 400 Besucher sind gekommen.

Zwei Stunden lang geht es um den Kunstbegriff, um die Frage, ob es Kunst ist, eine weiße Fläche weiß zu malen oder schlichtweg "Weiße Scheiße", wie Marc meint. Der Streit über die Kunst ist quasi die Prüfung für die Freundschaft der drei Protagonisten. Die sind prominent. Luc Feit, Heinrich Schafmeister und allen voran Leonard Lansink sind durch das Fernsehen jedem bekannt. Und immer wieder tappt der Zuschauer in die Rollenfalle, wenn Lansink mit Marc angesprochen wird. Das ist doch der Wilsberg, will man da rufen. Ohnehin ist das französische Setting des Stückes gewöhnungsbedürftig. Den kunstkritischen Luftfahrtingenieur nimmt man Lansink nicht richtig ab, eher dann den trockenen, wortkargen Zyniker.

Der heimliche Star ist ohnehin Heinrich Schafmeister. Der schlaksige Schauspieler sorgt für das meiste Leben auf der Bühne. Er weint, kreischt, stöhnt, telefoniert mit seinem Schuh, zeigt den nackten Bauch und kriecht über den Boden. Das sind die klamottenhaften Elemente, die die trocken-akademische Diskussion über Kunst immer wieder ins Absurde ziehen. Das sorgt für Tempo bei dem Schauspiel, das sich nicht so recht entscheiden kann, ob es Gesellschaftsstück oder Komödie sein will. Aber vor allem nach der Pause nimmt das Ganze richtig Fahrt auf, nimmt das Publikum mit und gipfelt eben im Akt der Kunstzerstörung mit dem roten Filzstift.

Aber keine Angst. Im Abspann putzt das Trio die Farbe dann wieder von der Leinwand. Die ist dann wieder, was sie vorher war. Weiße Farbe auf weißem Grund.

Was bleibt, ist die Frage: Ist das Kunst?

(zel)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort