Grevenbroich Woher kamen die Bankbelege?

Grevenbroich · Gefunden wurde er zufällig in einem Hinterhof an der Bahnstraße: ein Packen mit Kontoauszügen von 1997, der nach Auskunft der AWO zum "Braeuer-Skandal gehört". Doch wer konnte die brisanten Daten überhaupt verlieren?

In einem Hinterhof an der Bahnstraße wurde er zufällig entdeckt: Ein Packen Ersatzkontoauszüge der Arbeiterwohlfahrt (AWO) aus dem Jahr 1997. Darauf verzeichnet: 20 Barschecks in Höhe von insgesamt 135 000 Euro. Für Bettina Forsch (AWO Bezirksverband Niederrhein) ein "klarer Zusammenhang zum Fall Ulrich Braeuer". Der ehemalige AWO-Geschäftsführer war in erster Instanz wegen Veruntreuung von mehr als 400 000 Euro verurteilt worden. Bleiben drei Fragen: Ist der Zufallsfund ein Fall für den Staatsanwalt? Wer konnte überhaupt diese brisanten Daten besitzen? Oder hat sie jemand absichtlich verloren?

Ein Fall für die Staatsanwaltschaft? — "Nein", sagt Peter Aldenhoff, Pressesprecher und Oberstaatsanwalt aus Mönchengladbach. Der Staatsanwalt würde erst aktiv werden, wenn es im Zusammenhang mit der Entdeckung "Hinweise auf eine strafbare Handlung gibt" — soll heißen: Wenn die Bankunterlagen entweder gestohlen oder unterschlagen wurden. Dafür hat Aldenhoff "aktuell keine Anhaltspunkte". Neue Erkenntnisse enthielten die Ersatzkontoauszüge der Sparkasse Neuss nicht: "Ich gehe davon aus, dass diese Informationen bekannt sind."

In wessen Besitz konnten sich die Ersatzkontoauszüge überhaupt befinden? Raimund Franzen, stellvertretender Pressesprecher der Sparkasse Neuss, erläutert allgemein den Weg zum Ersatzkontoauszug: "Nur der Kontoinhaber oder ein Bevollmächtigter kann diese ausstellen lassen." Weitere Möglichkeit: "Es gibt einen Beschluss mit gesetzlichem Hintergrund, etwa ein Ermittlungsverfahren." Was Franzen irritiert: "Hierbei handelt es sich um hochsensible Daten. Jeder, der damit umgeht, sollte sie nicht einfach wegwerfen, sondern richtig vernichten."

Die AWO als Datenquelle? Auf erneute Nachfrage erklärt Bettina Forsch vom Bezirksverband Niederrhein: "Wir haben die Unterlagen geprüft und keine Erkenntnisse, dass etwas fehlt." Auch die AWO hätte Ersatzkontoauszüge angefordert und die Informationen dem Gericht und dem Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellt. Die Bankbelege von 1997 seien lediglich beim Prozess vor dem Arbeitsgericht gegen den früheren Geschäftsführer verwendet worden, nicht aber beim Landgericht: "Dies war damals schon verjährt."

Hätte jemand die Dokumente absichtlich verlieren wollen? — "Eine interessante Frage", sagt Dr. Heribert Waider, Rechtsanwalt der Düsseldorfer Kanzlei "Shsg" und für den ehemaligen AWO-Geschäftsführer Ulrich Braeuer tätig. "Gerade zu einem Zeitpunkt, wo äußerst fraglich ist, ob der Prozess jemals fortgesetzt wird und ob diese Daten jemals wieder virulent werden." Er stellt gegenüber der NGZ klar: "Mein Mandant hatte die Unterlagen nicht."

(NGZ)
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