Goch/Kleve "Ich durfte das Haus nicht verlassen"

Goch/Kleve · Die Staatsanwaltschaft wirft einem Paar aus Rumänien vor, eine 22-jährige Moldawierin unter anderem in Goch zur Prostitution gezwungen zu haben. Angeklagt sind der 38-Jährige und die 29-Jährige auch wegen Menschenhandels.

 Der auf mehrere Termine angesetzte Prozess wird vor der zweiten Großen Strafkammer des Klever Landgerichts verhandelt.

Der auf mehrere Termine angesetzte Prozess wird vor der zweiten Großen Strafkammer des Klever Landgerichts verhandelt.

Foto: van offern

Weil es eine junge Frau aus Moldawien zur Prostitution gezwungen haben soll, muss sich ein rumänisches Paar seit gestern vor dem Klever Landgericht verantworten. Von August 2016 bis Ende 2017 sollen die 29-jährige Angeklagte und ihr ebenfalls angeklagter, 38-jähriger Mann die heute 22-jährige Geschädigte in deren gemeinsamer Unterkunft in Kevelaer zum Geschlechtsverkehr mit Freiern gezwungen haben. Teilweise brachten sie die Frau auch in ein Bordell in Goch, wo sie ebenfalls als Prostituierte arbeiten musste.

Dabei sollen stattliche Summen zusammengekommen sein: "Wie viele Freier ich bedienen musste, weiß ich nicht mehr. Teilweise waren es mehr als zehn Männer pro Tag. Alleine in der ersten Woche habe ich 4000 Euro eingenommen", sagte die 22-Jährige, die ebenso wie die beiden Angeklagten auf eine Übersetzerin angewiesen war, gestern im Zeugenstand. Von dem Geld sah die Moldawierin nach eigener Aussage nichts - die beiden Angeklagten sollen es stets kassiert und lediglich zwischen 50 und 100 Euro im Monat an die Familie der Geschädigten nach Moldawien überwiesen haben.

In Kevelaer lebte die Geschädigte zusammen mit den beiden Angeklagten, deren Kindern und zwei weiteren Paaren. Wenn sie nicht anschaffte, habe sie sich um die dort lebenden Kinder und den Haushalt gekümmert. "Ich durfte das Haus nicht verlassen", lautete die Aussage der Zeugin. Die Freier kamen oft nach Kevelaer zu Besuch, teilweise wurde die 22-Jährige auch von dem 38-jährigen Angeklagten zu den Kunden oder ins Gocher Bordell gebracht.

Der 39-jährige Angeklagte, der gestern anders als seine Partnerin ausführlich zu den Anklagevorwürfen Stellung nahm, stellte das Zusammenleben ganz anders dar. Gemeinsam habe man das Wohnhaus in Kevelaer renoviert, und es sich dort gemütlich eingerichtet. Die Geschädigte hätte ebenso wie die anderen dort lebenden Frauen zwar angeschafft, allerdings freiwillig und ohne Zwang. Über einige Monate habe er gar ein Verhältnis mit der Geschädigten gehabt, was diese bestätigte.

Die 22-Jährige schilderte hingegen, dass man massiv Druck auf sie ausgeübt habe. "Sie haben mir beispielsweise gesagt, sie werden mich zerstückeln und zu meinen Eltern nach Moldawien schicken. Oder dass sie mich in ein Haus mit 100 Männern bringen, die mich dann alle nehmen", schilderte sie die brutalen Drohungen, die vor allem von der weiblichen Angeklagten ausgegangen seien. Diese habe sie auch nach Kevelaer gebracht, nachdem man sich zuvor bei der Arbeit in einem Frankfurter Bordell angefreundet hatte.

Moldawien hatte die Geschädigte im Alter von 20 Jahren aufgrund von Geldproblemen verlassen - in der trügerischen Hoffnung, in Deutschland ein besseres Leben zu haben.

Der Prozess vor der zweiten Großen Strakammer wird am Donnerstag um 9 Uhr in Saal A 105 fortgesetzt. Der Vorsitzende Richter Gerhard van Gemmeren hat weitere Zeugen geladen.

(jehe)
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