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Geldern Raucher-Zorn über die neuen Regeln

Geldern · Was Wirte und Gäste vom Nichtraucherschutzgesetz halten. RP-Reporter hörte beim Zug durch Gelderner Lokale keinen einzigen positiven Kommentar. Furcht vor massiven Einbußen, Ärger über geschmälerte Gemütlichkeit.

 Tobias Hillen (l.) und Kevin Poppinga rauchen ihre Zigaretten jetzt vor der "Marktschänke".

Tobias Hillen (l.) und Kevin Poppinga rauchen ihre Zigaretten jetzt vor der "Marktschänke".

Foto: Jürgen Venn

Das neue Nichtraucherschutzgesetz ist vor ein paar Tagen in Kraft getreten. Viele Freunde hat sich die Landesregierung damit nicht gemacht. Bei einer kleinen Umfrage in Gelderner Innenstadtkneipen am Samstagabend war kein einziger positiver Kommentar zu vernehmen.

 Einbußen fürchtet die Shisha-Bar, wo (v.l.) Kevin Röcke, Marco Thiede, Genc Ludianwa und Maik Röcke eine Wasserpfeife rauchen.

Einbußen fürchtet die Shisha-Bar, wo (v.l.) Kevin Röcke, Marco Thiede, Genc Ludianwa und Maik Röcke eine Wasserpfeife rauchen.

Foto: Venn, J. (jven)

Die "Marktschänke" hatte am frühen Abend die Türen weit geöffnet, viele Gäste saßen gemütlich draußen. "Jetzt im Sommer ist das ja noch eine Sache", meinte Kevin Poppinga. "Aber im Winter wird es wohl richtig mies. Aber nicht erst dann, schauen Sie doch mal hier in die Kneipe, da ist doch keiner mehr drin." "Ich finde, das ist einfach nur eine Schweinerei", sagte Tobias Hillen. "Warum werden wir Raucher so ausgegrenzt? Vor ein paar Jahren mussten doch viele Läden extra abgetrennte Raucherräume machen, und was ist damit jetzt?" Die könnten jetzt abgerissen werden. Generell sei es einfach nerviger geworden zu rauchen. Kellnerin Helga Bross findet das Ganze ebenfalls "heftig". Die Gemütlichkeit beim Dart-Spiel sei weg. "Aber Gesetz ist eben Gesetz. Wir dürfen halt auch nicht bei Rot über die Ampel fahren."

 Nikotinkonsum draußen vor der Tür, das gilt auch für Johanna Kippers vor dem Lokal "Zum Mühlenturm".

Nikotinkonsum draußen vor der Tür, das gilt auch für Johanna Kippers vor dem Lokal "Zum Mühlenturm".

Foto: Venn, J. (jven)

In der Gaststätte "Zum Mühlenturm" gab es ein noch etwas grimmigeres Gesamtbild. "Den meisten Nichtrauchern ist das einfach egal, ob jetzt geraucht wird oder nicht", gibt Wirt Ulli Hall an. "Aber das Problem ist, dass es schlicht eine Bevormundung der Eigentümer und der Gäste ist. Und das Schlimmste: Bei den zu erwartenden Umsatzeinbußen wird zuerst beim Personal gespart werden müssen." Natürlich könne man nur hoffen, dass man selbst nicht zu stark betroffen sei und dass die Leute in ihrer Stammkneipe bleiben. Patrick Kuypers, einer aus der Knobelrunde, merkte an: "Wenn wir unseren Wirt nicht so mögen würden, würden wir einfach zu jemanden nach Hause gehen zum Knobeln." Knobel-Kollege Rainer Titel wies auf einen weiteren Faktor hin: "Früher konnten wir gemütlich eine rauchen und dabei weiterspielen. Wenn jetzt jemand eine rauchen will, steht er auf, verschwindet und kommt kurz darauf wieder zurück. Das ist ein ständiges Kommen und Gehen." Titel rechnete weiter: "Wo wir früher nach einer Knobel-Runde etwa ein Zwischenbier getrunken und eine Zigarette geraucht haben, rennen jetzt einige schnell raus, das Bier wird gespart, und fertig. Und das sind nur wir. Hier sind jeden Abend Knobel-Runden, das summiert sich."

Neben den Würfel-Freunden gibt es Kegler wie Angelika Aben: "Das ist einfach Mist. Wenn man beim Kegeln eine rauchen möchte, dann muss man kurz nach dem Wurf schnell hoch, eben qualmen und wieder runter. Das ist nervig." Als alle Leute gerade draußen über das Thema diskutierten, merkte Nichtraucher Stefan Szentulat an: "Es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis die Nachbarn sich beschweren, weil bis in die Nacht Leute draußen rauchen und dabei natürlich reden."

"Männlein" Giesen, der Wirt vom "Schwarzen Pferd", gibt zu bedenken: "Wenn wir richtig Sommer haben und alle Leute nachts ihre Fenster offen haben, dann wird das noch ein richtiges Problem, wenn alle Leute draußen stehen." Er berichtete, dass "leider einige Stammgäste bislang einfach noch nicht wiedergekommen sind." Walter Brosch, Bedienung in der Gaststätte "Zur Niersbrücke", fragte: "Warum wird nicht mehr die Wahl gelassen? Raucher und Nichtraucher können doch miteinander reden. Ich bin Nichtraucher, aber stört mich der Qualm? Nein."

Am schlimmsten hat es vermutlich die Shisha-Bar Ku1 erwischt, in der keine Wasserpfeife mehr geraucht werden darf. "Durch das neue Gesetz sind wir gezwungen, die Gastronomie beinahe komplett nach außen zu verlegen", erklärte Saskia Broeckmann, die sich um die Organisation in der Bar kümmert. "Müssten wir nur auf die Zigaretten verzichten, dann wäre das kein Problem, aber wir dürfen hier selbst den nicht-nikotinhaltigen Tabak für die Wasserpfeifen nicht mehr rauchen." Und das schlägt sich natürlich in den Zahlen nieder: "Freitags ist normalerweise unser stärkster Abend, da sind wir sonst immer komplett voll gewesen. Und jetzt? Die Einnahmen an diesem Tag haben sich um mehr als die Hälfte reduziert, heute am Samstag erwarten wir das Gleiche."

(cnk)
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