Loveparade-Katastrophe in Duisburg 21 Kreuze für die Opfer

Duisburg · Drei Jahre nach der Loveparade-Katastrophe ist die Gedenkstätte eingeweiht worden. Viel erinnert nicht mehr an den Unglücksort. Opferanwalt Julius Reiter forderte am Freitag auch personelle Konsequenzen bei der Stadt Duisburg.

Loveparade-Gedenkstätte fertiggestellt
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Loveparade-Gedenkstätte fertiggestellt

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Foto: dpa, Federico Gambarini

Die kritischen Äußerungen gegen die Stadt Duisburg und den Veranstalter hat man mit Hochdruckreinigern von den Wänden gewaschen. Die wütenden Parolen, die Opfer, Hinterbliebene und Bürger an die Unglücksstelle geschrieben hatten, scheinen nicht in das Bild einer solch auf Hochglanz polierten Gedenkstätte gepasst zu haben, die am Freitag von Oberbürgermeister Sören Link (SPD) als "fast fertig" vorgestellt worden ist.

Bis auf die Treppe, an deren Fuß die meisten Toten gefunden worden sind, erinnert nicht mehr viel an die tödliche Massenpanik auf der Loveparade in Duisburg, bei der am 24. Juli vor drei Jahren 21 junge Menschen getötet und mehr als 500 verletzt worden sind. Auf den Stufen stehen 21 Holzkreuze, jeweils mit dem Vornamen und Alter der Toten.

Von der eigentlichen Rampe ist nicht mehr viel übrig geblieben. Mehr als die Hälfte der Fläche haben Bagger mit Sand zugeschüttet und platt betoniert. Der Teil, an dem der Baucontainer stand, über den sich viele Besucher aus der tödlichen Enge retten konnten, ist nun überdacht und Teil des Karl-Lehr-Tunnels. Abgerissen ist auch das Stellwerkhäuschen oberhalb der Treppe, für dessen Erhalt die Hinterbliebenen vehement gekämpft hatten.

Anstelle der Gitterzäune und den Polizeiautos, die den Eingang verengten und den Besuchern den Weg auf das Festivalgelände versperrten, hat man eine kleine, parkähnliche Anlage gesetzt, durch die sich eine Steintreppe zu einer Anhöhe schlängelt, auf der eine Tafel steht mit der schlichten Aufschrift: "Duisburg gedenkt der Opfer der Loveparade 24. Juli 2010".

Auf dem übrigen Gelände wird demnächst eines der größten Möbelhäuser in Deutschland gebaut. Am kommenden Mittwoch, dem dritten Jahrestag des Unglücks, wollen Betroffene aus fünf Staaten zum Gedenken nach Duisburg kommen und den Ort besuchen, an dem ihre Kinder und Freunde gestorben sind.

Frage nach der Schuld bleibt unbeantwortet

Auch diesmal wird der Oberbürgermeister von Duisburg den Hinterbliebenen nicht mehr als Trost spenden können. Denn die drängendste Frage bleibt auch nach drei Jahren immer noch unbeantwortet: Wer trägt die Schuld an der Katastrophe?

Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat ihre Ermittlungen noch immer nicht abgeschlossen. Die Ermittlungsakte umfasst mehr als 30 000 Seiten. Nach wie vor wird gegen 16 Beschuldigte ermittelt wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung. Unter den Beschuldigten sind leitende Mitarbeiter der Stadtverwaltung und des Veranstalter sowie ein Polizeiführer.

Bei den Angehörigen wächst die Sorge, dass es überhaupt nicht mehr zu einer Anklageerhebung kommen wird. Opferanwalt Julius Reiter hält indes eine Anklageerhebung noch in diesem Jahr für wahrscheinlich. "Darauf deuten die Ermittlungen hin", sagte der Jurist am Freitagabend bei einer Diskussionsrunde mit Duisburgs Oberbürgermeister und Betroffenen in Duisburg.

Link, der zum Zeitpunkt der Katastrophe noch nicht im Amt war, räumte ein, dass die Stadt Fehler gemacht habe. "Aber es ist Aufgabe des Gerichts, diese Fehler festzustellen", betonte der Politiker. Doch auch er forderte am Freitag eine baldige juristische Aufklärung. Die Anklageerhebung sei "längst überfällig".

Viele Angehörige der Opfer können nicht begreifen, wieso es der Justiz so schwer fällt zu beweisen, wer die strafrechtliche Verantwortung für den Tod von 21 Menschen trägt. Denn die Versäumnisse scheinen offensichtlich: Die Lautsprecheranlage funktionierte nicht, es fehlte an ausreichend Sicherheitspersonal, es mangelte an Überwachungskameras, es gab Kommunikationspannen, weil Handys versagten. Es wurden falsche Entscheidungen getroffen, als sich die Lage an der Rampe zuspitzte. Die Betroffenen macht es wütend, dass dafür niemand die Verantwortung übernehmen will.

Der Vorsitzende des Vereins "Loveparade Selbsthilfe", Jürgen Hagemann, sagte am Freitag: "Ich und die anderen Betroffen möchten gerne wissen, wie es dazu gekommen ist: Warum gab es keine Person, die die Loveparade verhindert hat?" Seine Tochter war bei der Massenpanik schwer verletzt worden. Reiter forderte von Link personelle Konsequenzen in der Stadtverwaltung — denn einige der Beschuldigten sind dort immer noch in denselben Positionen beschäftigt.

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