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Düsseldorf Von einem Stück Lindenholz zur Marionette

Im Marionettentheater wird trotz Schließung fleißig gearbeitet. Im Oktober steht die nächste Premiere an: „Ronja Räubertochter“.

 Schreiner Markus Hilscher baut die Spielkreuze für die kommende Premiere. Für „Ronja Räubertochter“ werden etwa 30 Stück benötigt.

Schreiner Markus Hilscher baut die Spielkreuze für die kommende Premiere. Für „Ronja Räubertochter“ werden etwa 30 Stück benötigt.

Foto: Anne Orthen (orth)

Der Innenhof ist leer, die Aufsteller sind verschwunden. „Wir haben den Spielbetrieb vorläufig eingestellt“, steht am Eingang des Marionettentheaters. Betritt man das Gebäude, wandelt sich das Bild. In der Werkstatt wird fleißig gesägt und gebohrt, im Malsaal ein neuer Sternenhimmel genäht und im kleinen Vorverkaufsraum die Premiere des nächsten Stücks besprochen: Astrid Lindgrens „Ronja Räubertochter“. Die Geschichte über die Freundschaft zwischen Ronja und Birk, die ihre verfeindeten Familien zusammenbringen, soll im Oktober 2020 auf die Bühne gebracht werden.

Auch wenn niemand so recht sagen kann, ob das realistisch ist, bereitet sich das Theater so gut es geht darauf vor. „Wir werden jetzt nicht die Hände in den Schoß legen und uns der Hysterie ergeben. Wir produzieren weiter, das tut uns allen gut“, sagt Anton Bachleitner, Leiter des Marionettentheaters.

Bis zum Oktober gibt es noch jede Menge zu tun. „Es ist ein langer Weg zur Marionetten-Inszenierung“, sagt Puppenspielerin Anna Zamolska. Am Anfang einer jeden Produktion steht meist die Erarbeitung einer Textfassung. Obwohl es für „Ronja Räubertochter“ schon mehrere gibt – die Geschichte wurde verfilmt, vertont und auch als Oper aufgeführt – haben Bachleitner und Zamolska, die fließend schwedisch spricht, eine eigene erstellt. „Sie ist genau auf unsere technischen Möglichkeiten und unsere Schwerpunkte des Stücks abgestimmt“, erklärt sie. Die Beziehung zwischen Mensch und Natur sei für sie das wichtigste Element der Geschichte, und um dieses bestmöglich einzufangen, sind Bachleitner und Zamolska im Sommer letzten Jahres gemeinsam nach Schweden gereist. Dort haben sie sich die vielen Orte angesehen, an denen Lindgren gelebt hat: Ihr Elternhaus im ländlichen Vimmerby, ihre Wohnung in Stockholm und ihre Ferienwohnung im Schärengebiet. Mit all den gesammelten Eindrücken machten sie sich ans Werk, filterten die einzelnen Dialoge heraus und ergänzten sie an manchen Stellen. „Natürlich wollten wir so nah wie möglich an der Originalfassung bleiben“, sagt Bachleitner.

Mit der fertigen Textfassung ging es ins Tonstudio der Hochschule Düsseldorf, um die Szenen mit verschiedenen Schauspielern aus ganz Deutschland aufzunehmen. Besonders schön: Schauspielerin Viola Pobitschka spricht die Ronja. Vor einigen Jahren hätte sie für die Inszenierung des Düsseldorfer Schauspielhauses die Rolle der Räubertochter übernehmen sollen, verletzte sich aber in der Generalprobe und konnte nicht spielen. „Jetzt bekommt sie doch noch die Möglichkeit, sie auf die Bühne zu bringen“, sagt Zamolska. Die meisten Aufnahmen entstanden an einem Sonntag im Oktober. Die neun verschiedenen Schauspieler, aus dem Schauspielhaus und vom WDR, sprachen die ausgewählten Szenen ein, die Bachleitner anschließend chronologisch zusammensetzte.

Nicht nur durch Stimmen wirkt das Stück auf der kleinen Theaterbühne, auch Hintergrundgeräusche, wie Wasserplätschern und Vogelzwitschern und vor allem Musik machen die Tonaufnahmen erst komplett. Um die Bühnenmusik kümmerte sich der in München lebende Wilfried Hiller, der als langjähriger Freud schon oft für das Theater komponierte. Auch für „Ronja Räubertochter“ erhielt er von Bachleitner eine so genannte Musikliste, auf der die verschiedenen Hauptmotive und Bühnenaktionen, die musikalische Untermalung brauchen, mit Zeitangaben aufgelistet sind. Regelmäßig tauschten sich Bachleitner und Hiller aus, über die ausgewählten Instrumente oder neue Ideen. Mit der fertiggestellten Komposition ging es für die Musikaufnahmen in ein Münchener Tonstudio. „Die Ergebnisse werden dann mit den Sprachaufnahmen und den Geräuschen so abgemischt, dass eine Art Hörspiel entsteht, zu dem wir unsere Marionetten bewegen“, sagt Bachleitner.

Parallel dazu arbeitet Schreiner Markus Hilscher in der Werkstatt an den Spielkreuzen, mit denen „der Marionette Leben eingehaucht wird“. Auch wenn das Spielkreuz auf der Bühne nicht auffällt, übernimmt es doch die wichtigste Funktion – es steuert jede einzelne Bewegung der Figur. Bei der Anfertigung steht die Griffigkeit im Vordergrund: In Probezeiten hantieren die Puppenspieler zwei bis drei Stunden täglich mit dem Spielkreuz. „Da muss alles sitzen, nichts darf abstehen, reiben oder scheuern“, erklärt Hilscher.

Über die Jahre hinweg hat er die Spielkreuze immer weiter optimiert. Mithilfe von Schablonen schneidet er die Kreuze aus weichem Lindenholz zu, rundet die Ecken und Kanten mehrmals ab und grundiert und lackiert sie gründlich, so dass die Puppenspieler problemlos mehrere Stunden damit arbeiten können. „Es sieht simpel aus, aber es steckt eine Menge Technik dahinter“, sagt er.

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