Düsseldorf wächst "Sei modisch auf der Höhe und lache viel"
Düsseldorf · Der eine ist ein rheinisches Urgestein, der andere ein "Immi" aus Schwaben. Ihr Thema: Wie werde ich in Düsseldorf am Rhein glücklich?
"Düsseldorf mäkt sich fein" — ein Sessionsmotto wie geschaffen für Oliver Rauschmayer. Der 47-Jährige leitet die Maßschneiderei im feinen Kaufhaus Breuninger. Ein "Immi" aus dem Schwabenland, neu in der Stadt. So wie viele andere, die dafür sorgen, dass die Stadt bald die 600 000-Einwohner-Marke knacken wird. Ein bisschen Nachhilfe in Sachen Rheinland schadet da nicht. Und die leistet Willi Meuleners gern.
"Ich bin rheinisches Urgestein", sagt der 78-jährige Kalkumer. Nur drei Jahre seines Lebens verbrachte der frühere Hausarchitekt der Schlösser-Brauerei außerhalb der Stadtgrenzen. Sein Credo: "Karneval ist mein Leben. Der ist mir lieber als die Fastenzeit." Meuleners Rat an den Mann, der weiß, wie wichtig eine Kehrwoche und der Bau eines eigenen Hauses sein können: "Sei locker, lache viel und lobe die Düsseldorfer. Die sind sehr nett, aber auch ein bisschen eitel und werden gerne mal gebauchpinselt."
Die rheinische Lockerheit — ein abgegriffenes Stereotyp? "Überhaupt nicht. Das, was sich hier in den großen Brauhäusern abspielt, kenne ich aus Stuttgart nicht", sagt Rauschmayer und denkt "an spontane Gespräche zwischen völlig Fremden unterschiedlichster Herkunft und an ein frisch gezapftes Alt, das ein freigebiger Rheinländer ohne besonderen Anlass einem spontan in die Hand drückt". So laufe das in Stuttgart nicht. "Wer in eine Gaststätte kommt und die Wahl hat, setzt sich im Zweifel nicht dazu, sondern an den letzten noch freien Tisch."
Freilich kennt der aus einer Uhrmacher-Familie stammende Kenner guter Stoffe auch die Kehrseite der Medaille. "Klar, ist das alles nicht immer ernst gemeint, manchmal auch unverbindlich." Für Rauschmayer muss das jedoch kein Nachteil sein. "Im Südwesten komme ich wenigen ganz nahe, kämpfe eine Zeit um eine dann möglicherweise lebenslange Freundschaft. In Düsseldorf ergeben sich aus einem rasch erschlossenen Bekanntenkreis aber auch zwei, drei gute Freundschaften. Nur eben schneller."
Bespöttelt hat seinen Wechsel in das bundesweit gerne als neureich und aufgeblasen karikierte Düsseldorf übrigens niemand. "Gute Leute, lockere Atmosphäre. Da passt Du besser hin als nach Hamburg oder Berlin", lautete die Botschaft seiner Freunde und Kollegen. Meuleners, der seit 42 Jahren zu den Düsseldorfer Jonges gehört, schmunzelt.
"Seien wir doch ehrlich: Wer will denn ein Düsseldorf ohne den eigens mint-grün lackierten Liebhaber-Porsche und ohne seine hochondulierten Frauen mit den dicken Klunkern? Dafür kommen die Menschen doch auf die Kö." Der Humor ist dem unter anderem im Amazonen-Korps und bei den "Originalen" engagierten Kalkumer wichtig. "Wenn mein Enkel Tim von den beiden ,Grauen' spricht, dann meint er meinen Hund und mich. Darüber muss ich herzhaft lachen."
Dem Mann aus Schwaben empfiehlt er zur besseren Integration, Karnevalssitzungen und Schützenfeste nicht komplett zu meiden. "Sie brauchen ja nicht gleich Prinz Karneval werden." Das hat Rauschmayer auch nicht vor, obwohl er als ehemaliger Turniertänzer ein wichtiges Talent einzubringen hätte. Den Karneval schätzt er trotzdem. Die rheinische Dauer-Konkurrenz charmant ausblendend bekennt er: "Letztes Jahr war ich in Köln als Bauarbeiter unterwegs. Es war toll."
Und was weiß der Mann aus dem Südwesten sonst über die Metropole am Rhein? "Wie gut Killepitsch schmeckt, dem hab' ich in meinem Stuttgarter Freundeskreis bereits zu großem Ruhm verholfen." Meuleners hakt nach: "Und was ist mit den Radschlägern?" Der Maß-Schneider schüttelt vorsichtig den Kopf. Sein Gegenüber holt ein kleines goldenes Ansteck-Exemplar aus einem Döschen und heftet es dem Neuzugang ans Revers. "Damit Sie in Düsseldorf glücklich werden!"
