Die Woche in Düsseldorf Ein Lob auf die Landesbaustädter

Düsseldorf · Die Leute meckern nur? Von wegen. Baudreck und Stau können die Düsseldorfer (fast) nicht mehr aus dem Gleichgewicht bringen.

Ja, wir haben auch Wut gesehen. Autofahrer, die auf das Lenkrad schlugen, als sie sich über die Heinrich-Heine-Allee quälten. Damals, als der Tausendfüßler abgerissen wurde und eine wichtige Nord-Süd-Verbindung gesperrt wurde. Jetzt fließt der Verkehr wieder, denn es gibt statt Hochbrücke erneut eine Interimsstraße, ein Wort, das uns in Düsseldorf seit dem Baustart für U-Bahn und Kö-Bogen locker über die Lippen kommt. Interimsstraße heißt: Es geht immer noch irgendwie in die gleiche Richtung, aber die Fahrbahn wird anders geführt. Wo es gestern noch links herum ging, müssen wir heute rechts steuern, mal um Bäume und Verkehrsinseln herum und Achtung: Es gibt auch neue Fußgängerampeln.

Ach ja, die Fußgänger. Ohnehin sind sie im Verkehr die schwächsten Glieder. In der City hetzen sie an den Bauzäunen entlang, versuchen ihr Ziel oftmals in nicht ungefährlichen Diagonalläufen über Berliner Allee oder Schadowstraße zu erreichen. Wie Wasser sich immer einen Weg sucht, so auch der Düsseldorfer Passant in Zeiten des Stadtumbaus.

Wozu das alles? Ganz einfach: Gerne meckert der Rheinländer an allem herum, auch wenn er im Honigtopf lebt, der Düsseldorfer aber hat sich arrangiert und mit Stau, Dreck und Umwegen geradezu eine Symbiose gebildet! Deswegen hat er mal ein Lob verdient und einen Ehrentitel: Landesbaustädter. Symbolisch überreichen wir diesen Titel einem Herrn, der diese Woche vor einem Kaffeeladen an der Tuchtinsel saß und in Seelenruhe seine Zeitung las. Drei Meter vor ihm riss die gierige Schaufel eines Baggers lärmend Metall und Stein aus dem Boden, fast hatte es den Anschein, der Herr selber wäre beinah verschlungen worden. Er aber rührte sich nicht und las tiefenentspannt weiter, mindestens 30 Minuten lang. Wir waren tief beeindruckt.

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(RP)
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