Handwerker in Düsseldorf-Flingern Wenn das Lastenrad das Auto ersetzt

Düsseldorf · Dirk Schmidt hat ein Atelier für Holzbearbeitung in Flingern. Zu seinen Kunden fährt er fast nur noch mit dem E-Lastenrad – neuerdings kommt in seinem Betrieb aber auch das Neun-Euro-Ticket zum Einsatz.

Wenn das Wetter mitspielt, sind Meister Dirk Schmidt (rechts) und Geselle Henrik Tews fast nur noch mit den Lastenrädern zum Kunden unterwegs.

Wenn das Wetter mitspielt, sind Meister Dirk Schmidt (rechts) und Geselle Henrik Tews fast nur noch mit den Lastenrädern zum Kunden unterwegs.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Es war im Jahr 2013, als Dirk Schmidt einen Auftrag in der Altstadt hatte. Es war an diesem Nachmittag gutes Wetter, die Altstadt bereits gut besucht. Ein Türschloss musste bis zum Abend repariert werden, doch wo hätte er mit seinem Lieferwagen zwischen den Menschenmassen parken sollen? Schmidt dachte kurz nach, packte für die kleine Reparatur das Werkzeug in die Satteltaschen seines Trekkingbikes und machte sich mit dem Rad auf den Weg zum Kunden.

Der heute 56-Jährige hat sein Atelier für Holzbearbeitung in einem Hinterhof an der Birkenstraße und kann sich gut an den Auftrag in der Altstadt erinnern. Denn mit dem Tag hat bei ihm ein Umdenken stattgefunden. „Man hat gesehen, dass es auch mit dem Fahrrad anstelle des Autos geht“, sagt Schmidt. Weil das private Trekkingbike aber keine Lösung für den Betrieb darstellte, erkundigte er sich nach Lastenrädern und wurde bei einem Händler in Dortmund fündig. Doch sofort kaufen wollte er das Lastenrad dann doch nicht: „Ich habe erst einmal geschluckt, weil es 2700 Euro ohne E-Antrieb kostete. Aber ich habe ein bisschen gespart und es mir dann Ende 2014 geholt – und bin seitdem angefixt. Ich kann Lastenräder nur weiterempfehlen“, sagt er.

Am Anfang sei er auf dem Lastenrad angeguckt worden wie ein Exot. „Hast du dir das Teil selbst gebaut?“, sei eine häufige Frage gewesen. Der 56-Jährige war und ist aber von dem Verkehrsmittel so begeistert und überzeugt, dass er heute drei für die Firma und sich besitzt und fast alle Strecken mit dem Lastenrad erledigt – sowohl beruflich als auch privat. Gänzlich kann sein Betrieb aber nicht aufs Auto verzichten, im Hof stehen noch ein Bus von VW und ein Mercedes Vito. „Wenn wir Möbel zum Kunden transportieren müssen, nehmen wir das Auto. Anders geht es nicht. Aber der Bus hat im vergangenen Jahr keine 2000 Kilometer gemacht, mein Lastenrad zum Vergleich 4000“, sagt Schmidt, der seine Kunden fast ausschließlich in Düsseldorf hat und jetzt nicht nur spart, weil er seltener zur Tankstelle muss: „Mit dem Lastenrad können wir immer bis vor die Haustür des Kunden fahren. Das Auto stellt man aber auch mal dort kurz ab, wo es nicht erlaubt ist, wenn sich kein Parkplatz finden lässt. Die drei, vier Knöllchen im Jahr haben wir auch eingespart.“

Chef Schmidt, ein weiterer Meister und ein Geselle schauen vor jeder Tour, wie sie am besten zum Termin kommen. Neben den codierten Lastenrädern, die für die meisten Fahrten reichen, und den Lieferwagen ist seit Juni ein weiteres Verkehrsmittel hinzugekommen. „Wenn ich vom Kunden wegfahre und nass vom Regen zu Hause ankomme, dann macht mir das nichts aus. Aber ich will nicht nass ankommen. Wir nutzen dann einen speziellen Werkzeugrucksack und fahren alternativ mit dem Neun-Euro-Ticket“, sagt Schmidt. Er hofft, dass es das günstige Ticket auch noch im September geben wird (siehe Info). „Ich würde aber auch das 69-Euro-Ticket kaufen. Gerade bei den aktuellen Spritpreisen ist es eine gute Alternative“, sagt der Handwerker.

Das Lastenrad ist mit einem Hänger fast so lang wie ein Mercedes Vito.

Das Lastenrad ist mit einem Hänger fast so lang wie ein Mercedes Vito.

Foto: privat/Dirk Schmidt
 Dieses Bild ist sieben Jahre alt: Dirk Schmidt bei der Arbeit auf dem Lastenrad.

Dieses Bild ist sieben Jahre alt: Dirk Schmidt bei der Arbeit auf dem Lastenrad.

Foto: privat/Dirk Schmidt
In den Stauraum passt nicht nur Werkzeug, sondern auch die Wasserflaschen von sechs Kästen.

In den Stauraum passt nicht nur Werkzeug, sondern auch die Wasserflaschen von sechs Kästen.

Foto: privat/Dirk Schmidt

Im Jahr 2016 wurde Schmidt von der Stadt Düsseldorf der Umweltpreis für den Einsatz von zwei Lastenrädern verliehen. Viele seiner Kollegen in der Tischlerbranche seien skeptischer, würden den Umstieg vom Auto aufs Lastenrad nicht wagen wollen. „Sie sagen, dass sie lieber ihr ganzes Werkzeug dabei haben möchten“, sagt der 56-Jährige, der ein weiteres Argument weg vom Auto aufführt: „Wenn ich einen 16-jährigen Lehrling zu mehr Selbstständigkeit bringen möchte, dann muss er zu ausgewählten Kunden, die vorher darüber informiert werden, auch einmal alleine fahren. Mit dem Auto ist das nicht möglich, weil er noch keinen Führerschein hat. Mit dem Lastenrad ist das aber problemlos möglich.“

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