Düsseldorf Charmant und witzig: Amelie Fried

Düsseldorf · "Die Frau sagte mir irgendetwas", informierte eine Zuhörerin in der ersten Reihe ihre Nachbarin, "ich dachte, da gehst du mal hin. Auch weil ich mir ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen kann." Zur Lesung von Amelie Fried in der Buchhandlung Mayersche Droste hatte sich ein vorwiegend weibliches Publikum eingefunden, was der Autorin nicht entging. "Ich begrüße extra auch die Männer, das sind ja besonders mutige Exemplare. In der Regel kommen sie nur, wenn gerade kein Fußball stattfindet."

Amelie Fried versteht sich aufs lockere Plaudern, schließlich war sie über viele Jahre Talkshow-Gastgeberin. Nach ihrem Abschied von "3 nach 9" und dem Aus ihrer Literatur-Sendung "Die Vorleser" widmet sie sich jetzt überwiegend dem Schreiben. "Das habe ich schon lange als Hauptberuf betrachtet, das Fernsehen war die Kür. Am Schluss hat es mich eher gestresst. Nein, ich vermisse nichts", versichert sie.

Sie ist eine überaus fleißige Autorin. In rascher Folge entstanden Bücher wie "Schuhhaus Pallas", in dem sie ein Kapitel ihrer Familiengeschichte verarbeitete, wie "Der Mann von nebenan" oder "Eine windige Affäre", ihr neuestes Werk, das sie derzeit auf einer Lesereise vorstellt.

"Wenn das Leben eine Baustelle ist, dann ist Düsseldorf das pralle Leben", konstatierte sie. Nach diesem Vorgeplänkel trug sie Passagen aus dem Buch vor, gewohnt launig bis witzig geschrieben. "Eine windige Affäre" ist die Geschichte der 40-jährigen Katja Moser, Mutter von Svenja und Pablo. Wie die meisten Frauen ihrer Generation will sie in den Spagat zwischen Familie und Beruf schaffen, was nicht ohne Konflikte, Enttäuschungen und Eifersucht abgeht. Die Bauingenieurin hat gemischte Gefühle, wenn die Kinder sich beim Aupair-Mädchen oder bei der flippigen Oma pudelwohl fühlen. Wird sie denn gar nicht vermisst? Auch ihr Mann scheint ihre Abwesenheit über Wochen gut zu verkraften. Liebt er sie überhaupt noch?

Amelie Fried über ihre Heldin: "Ich wollte ihr eine richtig schwere Aufgabe geben. Also steckte ich sie in einen Männerberuf und schickte sie tief in den Osten. Sibirien war mir zu weit, Litauen passte besser. Zumal ich herausfand, dass es dort tatsächlich eine deutsche Firma gibt, die einen Windpark gebaut hat."

Ein solches Projekt betreut Katja Moser im Buch. Es geht um erneuerbare Energien, Klimawandel, Umweltschutz. "Sieht so aus, als hätte ich mir die Themen marketingmäßig ausgesucht", beugte die Autorin vor. "Stimmt aber nicht. Das Buch habe ich vor zwei Jahren konzipiert. Ich hatte keine Ahnung, wie aktuell Windenergie heute sein würde." Bei einer Reise nach Litauen lernte sie die zwei Gesichter des Landes kennen. "Auf den ersten Blick zeigt es sich modern und weltoffen. Trotzdem sitzt der alte sozialistische Schlendrian noch in allen Ritzen."

Mit einer Fragerunde und einigen Kostproben aus ihrer Kolumnen-Sammlung "Wildes Leben" ließ Amelie Fried den Abend ausklingen.

(RP)
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