Dormagen 87-Jähriger hat ein Herz für Graffiti-Kunst

Dormagen · Der Dormagener Rentner Willi Mielke hat keine Berührungsangst mit modernen Trends. Seine einst triste Garagenwand hat er sich von Graffiti-Künstler Christoph Schade verschönern lassen. Das Ergebnis ist ein Blickfang, findet nicht nur er.

 Willi Mielke (l.) und sein Schwiegersohn Wolf Berger hatten die Idee für das mögliche Motiv selber entwickelt. Das Kunstwerk an der Zonser Straße/Haberlandstraße thematisiert Freiheit und Zwänge.

Willi Mielke (l.) und sein Schwiegersohn Wolf Berger hatten die Idee für das mögliche Motiv selber entwickelt. Das Kunstwerk an der Zonser Straße/Haberlandstraße thematisiert Freiheit und Zwänge.

Foto: Linda Hammer

Unter dem Thema "Was hat dich im Griff?" entstand an einer 9,40 Meter langen Garagenwand an der Zonser Straße/Ecke Haberlandstraße in Dormagen ein Kunstwerk im Graffiti-Stil. Garageneigentümer Willi Mielke gefiel seine triste Wand nicht mehr und er wollte unbedingt eine Umgestaltung. "Die Wand sah schon sehr schäbig aus. Das ging ja so nicht mehr weiter", sagte der 87 Jahre alte Rentner. Leider konnte er die Umgestaltung nicht selber vornehmen.

Doch der Zufall führte dazu, dass der Graffiti-Künstler Christoph Schade auf die Wand aufmerksam wurde. "Er klingelte eines Tages an der Tür", sagt Wolf Berger, Schwiegersohn von Willi Mielke, "und sagte, er interessiere sich für die Garagenwand. Er ließ seine Visitenkarte da, und das war der Auftakt zu diesem Projekt." Willi Mielke war begeistert von der Graffiti-Idee. "Ich fand das ganz toll, weil meine Wand unbedingt etwas Modernes zeigen sollte. Ich kannte Arbeiten von Christoph Schade und wollte, dass er meine Garagenwand verschönert", sagte Willi Mielke.

Zusammen mit seinem Schwiegersohn Wolf Berger entwickelte er eine Idee für ein mögliches Motiv. Wolf Berger, der eine sozialpädagogische Praxis leitet, kam auf die Idee, ein Bild zum Thema Zwänge zu machen, da sich viele seiner Patienten oft bildlich mit ihren Zwängen auseinandersetzten und diese so zum Ausdruck brachten. "Daher kam die Idee, ein Kunstwerk zu schaffen, das Zwänge und Süchte darstellt, in denen sich jeder wiederfinden kann", sagt Wolf Berger. Es sollte gezeigt werden, wie man durch Süchte oder Zwänge hin- und hergerissen wird. "Wir wollen die Leute zum Nachdenken anregen, damit sie erkennen, dass sie ein Teil eines großen Ganzes sind. Sie sollen sich über sich selbst und über das, was sie tun, bewusst werden."

Während einer halbjährigen Planungsphase wurden Ideen und mögliche Motive für das Kunstwerk entwickelt. Schüler und Studenten, die in Wolf Bergers Praxis gearbeitet hatten, setzten sich mit den theoretischen Themen des sozialen Umgangs miteinander und mit der Natur auseinander. "Dabei geriet der Freiheitsbegriff in den Vordergrund und dass man stets hin- und hergerissen scheint", sagt Pädagoge Wolf Berger.

Die Auswahl des Motivs lag dann aber bei Willi Mielke, denn schließlich gehörte ihm die Wand. "Mir wurden drei Bildvorschläge gemacht. Ich habe dann das Bild ausgesucht, das mir am besten gefiel", erzählt er. Und binnen eines Tages schafften Künstler Christoph Schade und Projektteilnehmerin Nora Baldus das Kunstwerk.

"Ich finde, das sieht sehr gut aus", urteilt Willi Mielke und gibt unumwunden zu, nun ein Fan der Graffiti-Kunst zu sein. Und auch seinem Umfeld gefällt das neue Kunstwerk. "Viele sagen, wie schön das Bild doch ist, auch die ältere Menschen aus meinem Bekanntenkreis", sagt er.

Willi Mielke freut sich über seine nun neu gestaltete Garagenwand, die zu einem echten Hingucker geworden ist. Für ihn hat sich das Projekt auf jeden Fall gelohnt und er hofft, dass das Graffiti noch lange so schön bleibt — und keine Kritzeleien von Übeltätern das bunte Bild verschandeln.

(sall)
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