Wie tickt der fremde Kollege? Nachhilfe für Global Player

Düsseldorf (RP). Die Weltwirtschaft wächst zusammen. Doch die Zusammenarbeit mit Menschen aus anderen Kulturen geht oft schief. Man tickt eben anders. Darauf müssen sich die Konzerne einstellen.

Der Job-Knigge fürs Ausland
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Foto: gms

Der deutsche Manager fing schon innerlich an zu rasen. Seinem japanischen Vorgesetzten trug er gerade ein neues Business-Konzept vor, doch der schlief. Die Augen geschlossen, scheinbar uninteressiert an den Ausführungen. Doch weit gefehlt: Der Japaner träumte keineswegs vor sich hin - im Gegenteil er hörte ganz genau hin. Die Augen zu schließen, sei im Land des Lächelns eben ein Ausdruck von beschäftigt sein, erklärt Daniela Pawlak, Beraterin für interkulturelles Arbeiten beim IT-Riesen IBM. "Am Ende stellte der japanische Chef die härtesten Fragen", erzählt sie.

Pawlak kennt viele solcher Beispiele aus ihrer Arbeit. Sie versucht Probleme zu kitten oder im vorhinein zu vermeiden, die entstehen, wenn in der Arbeitswelt fremde Kulturen aufeinander prallen - wenn etwa deutsche Gründlichkeit auf brasilianischen Schlendrian stößt oder holländische Lockerheit auf asiatisches Hierarchie-Denken.

Firmen lassen Mitarbeiter schulen

Die Dienste von interkulturellen Beratern sind gefragt. Schließlich wächst die Weltwirtschaft immer mehr zusammen: Deutsche Familienbetriebe eröffnen Filialen in China und akquirieren Kunden in Dubai, bei Großkonzernen wie IBM sind viele Teams längst international besetzt. Unter den Firmen, die ihre Mitarbeiter in interkulturellen Trainings schulen lassen, befinden sich daher Mittelständler genauso wie große Dax-Konzerne.

"Wir haben selbst Anfragen für Österreich", sagt Indrani Nottebrock, die Interkulturelle Trainings bei den Carl Duisberg-Centren in Köln leitet. Denn auch bei Kulturen, die sich so nahe sind, gebe es Unterschiede. Selbst ein Bayer ticke ja nicht wie ein Friese, so Nottebrock. Ein Seminar Bayern für Deutsche habe man gleichwohl nicht im Angebot.

In den Trainings geht es nicht darum, Verhaltensregeln auswendig zu lernen, sagt Nottebrock. "Wenn man etwa gelernt hat, dass man sich in Asien zur Begrüßung verneigt, statt die Hände zu geben, und dann reicht ein japanischer Geschäftsmann, der oft im Ausland ist, einem die Hand, wären viele irritiert." Probleme, die durch unterschiedliche Mentalitäten entstehen, löse man durch Förmlichkeiten erst recht nicht.

Bewusstsein schaffen

"In erster Linie kommt es darauf an, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir wegen unserer Kultur - unserer europäischen, christlichen - so handeln, wie wir handeln. Und dass andere Menschen eben anders handeln, aus ihrer Kultur heraus", meint auch Beraterin Pawlak. Im zweiten Schritt lerne man in den Trainings die Werte und Mentalitäten der anderen kennen, um mehr Verständnis für die andere Seite zu bekommen.

Schließlich ziehe man Schlussfolgerungen daraus, wie man mit den Unterschieden umgeht, sagt IBM-Beraterin Pawlak. Ziel sei es, dass sich beide Seiten aufeinander zubewegen. In deutsch-japanischen Teams könne man den unterschiedlichen Arbeitskulturen dadurch Rechnung tragen, indem man etwa bei der Häufigkeit der Meetings einen Mittelweg findet. Denn Japaner wollen am liebsten alles zusammen machen, Deutsche empfinden Meetings eher als Arbeitsunterbrechung. Oder man passt sich eben an: Ein deutscher Chef sollte respektieren, dass es Indern unangenehm sein kann, wenn sie eigenständig arbeiten müssen. Dort ist man es gewohnt, Anweisungen zu bekommen, meint etwa Nottebrock.

Oft sei aber der persönliche Kontakt ausreichend, erklärt Daniela Pawlak. Sie betreute einst einen deutschen Mittelständler, der seine IT-Abteilung nach Indien ausgelagert hatte. Allerdings: Die Kollegen in Deutschland sprachen gar nicht alle Englisch. Und die Hemmschwelle, bei jedem Problem mit dem PC in Fernost anzurufen, war sehr hoch. Vermeintliche Einsparungen können so schnell zu Mehrkosten werden, warnt Pawlak. Die Lösung: Die indischen Kollegen wurden in die deutschen Provinz eingeladen. "Seitdem verbinden die Deutschen ein Gesicht mit der Person an der Strippe", sagt Pawlak. Die Zusammenarbeit läuft jetzt reibungslos.

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