Klaviertuose Hamelin spielt eigene Etüden

Marc-André Hamelin, 1961 in Montréal geboren, gilt als Hypervirtuose. Was er auf dem Klavier wegschafft, übersteigt jedes Maß. Nebenbei komponiert er – natürlich keine Bläserquintette, sondern furchterregende Klaviermusik, die den Extremsportarten zuzurechnen ist. Seine zwölf Etüden lösen bei Betrachtung der Noten Übelkeit aus. Wo ist denn hier oben und unten? Wie soll man das so schnell spielen? Muss man hier nicht drei Hände haben? Jeder Etüde hat Hamelin ein Referenzwerk zugrunde gelegt, das er übermalt, verfremdet, spickt, dramatisiert, toupiert, aufbläst, beschleunigt – eine Arie von Rossini, eine Etüde von Alkan oder eine Sonate von Scarlatti. Doch sind es nicht nur Zurüstungen an der Grenze zur Unspielbarkeit, sondern kombinatorische Wunder im Sinne von Hamelins großem Vorbild Leopold Godowsky. Schon das Entrée ist mit seiner Dreifachschichtung dreier Chopin-Etüden in einen einzigen Klaviersatz eine geniale Konstruktion. Man gluckst beim Hören vor Begeisterung: Das fängt ja gut an! Ein Wahnsinnsspaß. WOLFRAM GOERTZ

Hyperion CDA67789/Codaex

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