Kino-Kritik Alpha Dog: Justin Timberlake und die verlorene Generation

Düsseldorf (RP). Moralisch suspekt, mätzchenhaft, voller Designerverwahrlosung und falschem Rohheitsschick, unehrlich, skandalverliebt, voyeuristisch - man darf dieser Aufzählung gern noch andere Schmähungen anfügen und kann ziemlich sicher sein, dass Nick Cassavetes' Spielfilm "Alpha Dog" auch diese Verbalprügel schon bezogen hat.

 Justin Timberlake (rechts) überzeugt bei seinem Kinofilmdebut in "Alpha Dog".

Justin Timberlake (rechts) überzeugt bei seinem Kinofilmdebut in "Alpha Dog".

Foto: Concorde

"Alpha Dog" wurde in den USA gezaust, als habe der Sohn des Autorenfilmers John Cassavetes einen besonders schmählichen Verrat am Ethos des Filmemachens begangen. Tatsächlich gibt es Grund, "Alpha Dog" ein wenig Misstrauen entgegen zu bringen. Der Film beruht auf einem realen Mordfall im Sonnenstaat Kalifornien. Eine Gang Jugendlicher wollte Schulden aus einem Drogengeschäft eintreiben, entführte den Bruder des säumigen Zahlers und brachte die Geisel schließlich um, als sie nicht mehr nützlich schien.

Als die Arbeit am Film begann, war der Haupttatverdächtige noch flüchtig. Die Staatsanwaltschaft gewährte den Filmemachern großzügig Einsicht in ihre Akten, in der Hoffnung, der realitätsnahe Dreh werde Angehörige, Mitwisser und Täter zum Reden bringen. Man kann fragen, ob ein Film Teil einer Ermittlung sein sollte, darf auf eine Pflicht der Kunst zur Distanz und auf die Pflicht der Behörden zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte Verdächtiger pochen. Tatsächlich ist der Täter mittlerweile verhaftet, hat aber der Verletzung seiner Rechte wegen Klage angestrengt. Wenn man aber "Alpha Dog" erst einmal ohne Vorurteile ansieht, erlebt man eine Geschichte emotionaler Verhärtung, die Psychostudie einer Clique, die bis zum Moment des Mordes eine herablassende Kumpanei mit dem Opfer pflegt, als sei die Entführung bloß ein rauer Spaß.

Ja, hier gibt es schicke Bilder, markige Posen, coole Dekors. Aber Cassavetes versucht, eine innerlich wüste Lebenswelt zu illustrieren, eine verlorene Generation zwischen zu viel Wohlstand und null Chancen. Selbst Popstar Justin Timberlake spielt überzeugend einen Jungen, der in seiner Orientierungslosigkeit Rap-Videos als Schule des Lebens wählt. "Alpha Dog" ist kein böses Machwerk, sondern ein überzeugend gemachter Film über grausige Zustände.

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