Film „King Richard“ mit Will Smith Tennisstars mit Ansage

Im ungewöhnlichen Sportdrama „King Richard“ spielt Will Smith den leidenschaftlichen Vater der Williams-Schwestern.

 Demi Singleton (l.) als Serena, Will Smith als Vater Richard Williams und Saniyya Sidney als Venus im Film „King Richard“.

Demi Singleton (l.) als Serena, Will Smith als Vater Richard Williams und Saniyya Sidney als Venus im Film „King Richard“.

Foto: dpa/Chiabella James

Viele Eltern haben bestimmte Vorstellungen und Hoffnungen, was aus ihren Kindern einmal werden soll. Richard Williams (Will Smith) hat einen genauen Plan. Auf 78 Seiten hat er die zukünftige Entwicklung seiner beiden Töchter vor deren Geburt niedergeschrieben: Die beiden sollen die besten Tennisspielerinnen der Welt werden.

Ein ambitioniertes Vorhaben für zwei afroamerikanische Mädchen aus dem kalifornischen Compton. Denn in den 1990ern ist Tennis in den USA immer noch ein Sport für die weiße, elitäre Oberschicht. „Probieren Sie es doch mit Basketball“, bekommt Richard immer wieder zu hören.

Aber Richard ist ein Mann von insistierendem Wesen – und die Sportgeschichte wird ihm recht geben. Denn seine Töchter heißen Venus und Serena Williams, die Ende der 90er die Weltrangliste im Sturm eroberten und bis heute zu den besten Tennisspielerinnen aller Zeiten gehören.

Aber nicht die beiden Athletinnen stehen im Zentrum von Reinaldo Marcus Greens ungewöhnlichem Sportdrama „King Richard“, sondern der Vater, der die beiden seit deren viertem Lebensjahr trainierte. Richard ist in Louisiana aufgewachsen, wo er auf der Hut vor dem Ku-Klux-Klan sein musste. Er weiß, was es heißt, sich in einer von Weißen dominierten Welt durchzusetzen.

Seine Töchter zu Tennisstars zu machen, ist für ihn nicht nur eine kleine, persönliche Rache am rassistischen Establishment, sondern auch ein Schritt nach vorne in eine Welt, in der seine Kinder den Respekt bekommen sollen, der ihm zeitlebens verwehrt wurde. Fünf Töchter wohnen in dem bescheidenen Haus. Von allen wird erwartet, dass sie ausschließlich sehr gute Schulzensuren mit nach Hause bringen. Richard arbeitet als Nachtwächter, um am Tage mit seinem VW-Bus die Töchter zu den ramponierten Betontennisplätzen in der Umgebung zu fahren. Aber nun sind die Mädchen so weit, dass sie einen professionellen Coach brauchen.

Schnurstracks marschiert der Vater mit Venus (Saniyya Sidney) und Serena (Demi Singleton) in den elitären Country Club, wo Paul Cohen (Tony Goldwyn) Tennisgrößen wie John McEnroe und Pete Sampras trainiert. Die Aufdringlichkeit zahlt sich diesmal aus. Cohen willigt ein, die ältere Venus umsonst zu trainieren. Es dauert nicht lange, da sammelt das Mädchen – und wenig später auch ihre Schwester – die Pokale bei den Juniorturnieren ein.

Aber Angebereien lässt der Vater nicht durchgehen und schiebt zur Lektion in Bescheidenheit die VHS-Kassette mit „Aschenputtel“ in den Videorekorder. Später, als die ganze Familie nach Florida umsiedelt, damit die Töchter in der legendären Tennis-Kaderschmiede von Rick Macci (Jon Bernthal) trainieren können, sagt der Vater alle Wettkampfbeteiligungen kategorisch ab. Die Mädchen sollen ein normales Teenagerleben führen, damit sie nicht wie viele andere junge Tennisstars für eine kurze und finanziell lukrative Karriere verheizt werden.

Mit „King Richard“ folgt Green zunächst einer klassischen Sportfilm-Dramaturgie. Allerdings sind die Hindernisse auf dem Weg zum Ruhm nicht nur sportlicher Natur. Auf dem Tennisplatz gilt es Rassen- und Klassenschranken zu überwinden. Ungewöhnlich ist hier jedoch vor allem die Perspektive, mit der statt der Athletinnen deren Vater und Trainer ins Zentrum gestellt wird. Dieser Richard Williams ist ein liebender und verantwortungsvoller Familienvater, der für seine Kinder ein besseres Leben erträumt. Aber er ist gleichzeitig ein rigide regierender Patriarch, der den Erfolg seiner Nachkommen vollkommen durchgeplant hat und einen ganz privaten Feldzug gegen die rassistische Chancen-Ungerechtigkeit nicht nur im Tennissport führt.

Will Smith spielt den Mann gleichermaßen als sturen, nervigen, gewieften, selbstgefälligen und selbstlosen Don Quijote, der sich rückblickend als unerschütterliches Mastermind erweist. Auch wenn die Schattenseiten dieser fanatischen Vaterfigur in einem kurzen, aber höchst effizienten Monolog der Ehefrau (herausragend: Aunjanue Ellis) gespiegelt werden, hinterlässt die unbedingte Fokussierung des Films auf seinen Titelhelden einen bitteren Nachgeschmack. Die beiden Töchter, die sich mit Kraft und Verbissenheit ihren Platz ganz oben auf der Weltrangliste erobern, kommen in dem eng gefassten Erzählkonzept kaum zu Wort.

Obwohl Venus und Serena Williams als Co-Produzentinnen dem Projekt ihren Segen gegeben haben, fehlt „King Richard“ eine gleichberechtigte Dynamik in der Vater-Töchter-Beziehung, die sich im echten Leben sicherlich komplexer gestaltet hat, als es hier auf der Leinwand zu sehen ist.

„King Richard“, USA 2021 – Regie: Reinaldo Marcus Green; mit Will Smith, Aunjanue Ellis, Saniyya Sidney; 144 Minuten, FSK 12

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