„Moonfall“ Bei Roland Emmerich ist wieder Weltuntergang

Seit „The Day After Tomorrow“ gilt Roland Emmerich als Spezialist für die Apokalypse. Inzwischen wirken seine Katastrophengemälde aber ein wenig altmodisch.

 Halle Berry und Patrick Wilson in „Moonfall“.

Halle Berry und Patrick Wilson in „Moonfall“.

Foto: AP/Reiner Bajo

Es gab eine kurze Zeit, in der Roland Emmerich sein Image als „Master of Desaster“ abwerfen wollte. Aber die beiden Herzensprojekte – der Shakespeare-Film „Anonymous“ (2011) und „Stonewall“ (2015) über die schwulen Aufstände 1969 in der New Yorker Christopher Street –  wurden zu finanziellen Desastern und holten an den Kinokassen nicht einmal ihre Produktionskosten wieder rein. Danach versuchte Emmerich alles auf Anfang zu stellen, indem er mit „Independence Day: Wiederkehr“ (2016) an einen seiner größten Erfolge anknüpfte. Aber das Sequel lieferte genauso wie das patriotische Weltkriegsdrama „Midway“ (2019) nur bescheidene Gewinne. In seinen besten Zeiten konnte Emmerich das Drehbuch für ein Filmprojekt wie „The Day After Tomorrow“ (2004) meistbietend unter den Hollywood-Studios versteigern und komfortable Budgets aushandeln. Sein neues Werk „Moonfall“ hingegen musste er nun ohne Beteiligung eines Studios unabhängig finanzieren.

Der Filmtitel fasst das Drehbuch prägnant zusammen: Der Mond fällt und zwar auf die Erde. Und wie immer, wenn im Kino monumentale Gesteinsmassen auf unseren Heimatplaneten zurasen, gibt es auch hier Menschen, die sich wie einst Bruce Willis in „Armageddon“(1996) oder Robert Duvall in „Deep Impact“ (1998) dem Weltuntergang tapfer entgegenstellen. Während die radikale Veränderung der Mondumlaufbahn Los Angelas in digitalen Tsunamifluten versinken lässt, Stürme und Gewitter über die Kontinente toben und es sogar zu Schwerkraftverschiebungen kommt, besteigen die beherzte NASA-Chefin Jocinda Fowl (Halle Berry), der frisch rekrutierte Ex-Astronaut Brian Harper (Patrick Wilson) und der Hobby-Astronom KC Houseman (John Bradley) ein altes Spaceshuttle aus Museumsbeständen.

Jocinda und Brian kennen sich aus dem All, wo 2011 bei der Reparatur eines Satelliten ein furchterregendes Hightech-Ungeheuer auftauchte. Brian konnte sich und die bewusstlose Jocinda retten, aber nicht den dritten Astronautenkollegen. Die Story vom Nano-Monster wollte ihm keiner abkaufen, und so wurde Brian unehrenhaft entlassen, während Jocinda bei der NASA Karriere machte. Der bekennender Astro-Nerd KC hat schon lange gewusst, das mit dem Mond da oben etwas nicht stimmt. Der Himmelskörper ist nämlich, wie sich herausstellt, eine von künstlicher Intelligenz geschaffen „Megastruktur“.

Wer jetzt beim Lesen schon die Augenbrauen nach oben zieht, wird sie während der 130 Kinominuten nicht wieder nach unten bewegen können. Einen wirklich hanebüchenen B-Movie-Plot hat Emmerich mit seinen Co-Autoren Harald Kloser und Spencer Cohen zusammengezimmert, der sich gar nicht erst um tragfähige innere Logik bemüht. Dazu passen zahlreiche, unfreiwillig komische Dialogpassagen, die von Halle Berry und ihren Kollegen mit aufopferungsvoller Selbstbeherrschung bierernst vorgetragen werden.

Macht nix, wird manch einer sagen, Hauptsache die Effekte stimmen. Aber auch hier merkt man, dass sich der Filmemacher nur wenig weiterentwickelt hat. Die digitale Sturmfluten, mit denen Emmerich in „The Day After Tomorrow“ das Publikum ins Staunen versetzte, können in „Moonfall“ nicht mehr beeindrucken, genauso wenig wie die Science-Fiction-Kulissen auf der Reise ins Innere des Mondes. Auch die rudimentäre Figurenentwicklung, die stets zu den Schwächen bei Emmerich-Filmen zählte, will man heute in einem Popcorn-Film nicht mehr durchgehen lassen.

Und so wirkt „Moonfall“  wie ein Relikt, dessen veraltete Blaupausen mit den modernen Ansprüchen des Blockbusterkinos nicht mehr mithalten können.

 Moonfall“, USA 2022 – Regie: Roland Emmerich, mit Halle Berry, Patrick Wilson, John Bradley, 130 Min.

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