Ermüdend: Rihanna in Köln

Köln Das ist eine gute Gelegenheit, über den Gebrauch von Handys in Konzerten nachzudenken. Es begann die zweite Zugabe des Auftritts von Rihanna in der Kölner Arena, man hörte die ersten Takte eines umwerfenden Liedes: "Umbrella". Kaum jemand kann sich diesem Stück entziehen, es ist nahe am perfekten Popsong: gut gelaunt, bisschen doof, Ohrwurm.

Die 23-jährige Rihanna inszenierte also den Höhepunkt des Abends, und normalerweise gibt es an solchen Stellen viel Geschrei, die Menschen tanzen, eine Welle der Begeisterung geht durchs Auditorium. Künstler brauchen diese Momente, sie sind ihr Ansporn, sie sorgen überhaupt erst für das Konzerterlebnis, die Emotion. Hier aber passierte nun dieses: Das Gros der 16 000 hob ein Handy in die Höhe, stand da und filmte den Augenblick. Sie erwarteten Großes und wollten es dokumentieren für später, aber es wurde nicht groß, weil der Funke nicht übersprang. Und also wird auf dem Film nur eine Sängerin zu sehen sein, die singt und dabei gefilmt wird.

"Umbrella" war das Finale eines Festivals der Mittelbarkeit. Rihanna brauchte eine Stunde und ein halbes Dutzend Kostümwechsel, um in Fahrt zu kommen. Die Frau aus Barbados gehört zu den Stars dieser Tage, sie verkaufte seit 2006 rund 130 Millionen Titel. Rihanna steht irgendwo zwischen dem Bling-Bling-Soul Mariah Careys und dem bollernden Trash-Pop von Lady Gaga. Sie ist eine Performerin, leiht Stücken ihre Stimme, die bis zu sechs Autoren produziert haben. Ihre Musik ist Produkt, sie die Verkäuferin. Und sie begann mit "Only Girl", einem Titel vom aktuellen Album "Loud". Der Charme des Songs wurde erdrückt von der Pose, mit der Rihanna ihn vorbrachte. Sie verhält sich wie ein Biathlet: schießen und wegrennen. In ihrem Fall: Obszönitäten aller Art, aber nach Ende des Liedes so tun, als sei alles ein Versehen. Böse gucken und nachher lächeln. Auf die Dauer ermüdet so eine Show, und eigentlich möchte man das nicht mehr: eine Sängerin, die sich auf der Motorhaube eines Autowracks räkelt und "Uh" sagt. Eine Sängerin, die auf dem Rohr eines rosa eingefärbten Panzers sitzt und "Baby" sagt.

Was die Wirkung Rihannas und ihrer sieben Musiker außerdem beeinträchtigte, war der erdrückende Bass. Er stand wie eine unsichtbare Wand zwischen Bühne und Publikum, ließ sogar die Bilder auf den Monitoren erzittern, die das Geschehen in Großaufnahme übertrugen. Spät erst bekam Rihannas Team das Problem in den Griff, und allmählich erahnte man das Talent der Frau da oben. Tolle Stimme. Bei minimalistisch arrangierten Balladen wie "California King Bed" und "Unfaithful" ist sie am besten.

Wer es nicht glaubt, soll bei Youtube nachsehen.

(RP)
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