Kim de l’Horizon liest auch in Düsseldorf „Blutbuch“ wird bester deutscher Roman

Frankfurt · Die Jury des Deutschen Buchpreises hat mit Kim de l‘Horizon erstmals eine nonbinäre Person geehrt. Auch aus Solidarität mit den protestierenden Frauen im Iran rasierte sich Kim de l‘Horizon noch bei der Preisverleihung im Frankfurter Kaisersaal den Kopf.

 Kim de l‘Horizon rasierte sich bei der Preisverleihung die Haare ab.

Kim de l‘Horizon rasierte sich bei der Preisverleihung die Haare ab.

Foto: dpa/Arne Dedert

Die Uhr schlug 18.46 Uhr, als im Frankfurter Römer die frohe Botschaft fürs hungrige Lesevolk im Land verkündet wurde: Mit Kim de l‘Horizon hat die Literaturszene hierzulande nicht nur einen neuen Preisträger, sondern mit dem Buch „Blutbuch“ auch den besten deutschsprachigen Roman des Jahres. Über einen solchen Titel lässt sich zwar trefflich streiten – was traditionell jedes Jahr mit einiger Hingabe auch geschieht. Doch ist das Spektakel um den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis seit 2005 stets ein willkommener Prolog zur weltgrößten Buchmesse in Frankfurt. Und nach zwei Pandemie-Versionen war die Stimmung im Kaisersaal dementsprechend beflügelt optimistisch.

Mit „Blutbuch“ hat die Jury aus insgesamt mehr als 200 Einreichungen einen extravaganten, turbulenten, lauten Roman unserer Zeit gekürt. Ein queerer Roman erzählt von einer nonbinären Figur. Eine Familiengeschichte, in der nach dem Tod der an Alzheimer erkrankten Großmutter ungestellte Fragen immer lauter gestellt werden. Was etwa geschah mit der Großtante, die als junge Frau verschwand? Wie war es, eine Frau des unteren Mittelstands in der Schweiz des 20. Jahrhunderts zu sein? In „Blutbuch“ forscht die Erzählfigur nach der eigenen Identität, dem eigenen Geschlecht, nach Traumata und Klassenzugehörigkeiten.

Ein Debütroman wurde damit zum besten deutschen Roman des Jahres gekürt, ein wildes Buch, mit expliziten Sexszenen in einer Sprache, die es verdient, auf spannendste Weise mutig und experimentell genannt zu werden. Statt einer Dankesrede sang Kim de l’Horizon und rasierte sich in Solidarität auch mit den Frauen im Iran noch auf der Bühne eine Glatze. Viel Irritation im Kaisersaal, viel Applaus, viele Fragen und im Mittelpunkt ein tolles Buch.

Neuerscheinungen Herbst 2022 - diese Bücher sollte man lesen
12 Bilder

Neuerscheinungen - diese Bücher sollte man lesen

12 Bilder
Foto: S. Fischer Verlage

Kim de l‘Horizon gibt sich gerne als Kunstfigur – mit dementsprechend rasanter Vita: geboren 2666 auf Gethen, studiert Hexerei bei Starhawk, Transdisziplinarität an der ZHdK und textet kollektiv im Magazin „Delirium“. Der Roman „Blutbuch“ wurde zuvor schon mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung ausgezeichnet.

Aus dem am Montagabend gekürten Roman wird Kim de l’Horizon auch in Düsseldorf lesen – am 17. November um 19 Uhr im Kuppelsaal der Deutschen Bank an der Königsallee 45-47.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort