Herbert Diess auf der Hauptversammlung "Volkswagen muss anständiger werden"

Berlin · VW will seinen viel beschworenen Kulturwandel entschlossener umsetzen. Dauerhafter wirtschaftlicher Erfolg sei nur mit einer gesunden Unternehmenskultur möglich, sagte der neue Konzernchef Herbert Diess am Donnerstag auf der Hauptversammlung in Berlin.

 Herbert Diess bei der VW-Hauptversammlung.

Herbert Diess bei der VW-Hauptversammlung.

Foto: afp

"Volkswagen muss in diesem Sinne noch ehrlicher, offener, wahrhaftiger, in einem Wort: anständiger werden." Der Vorstand habe mit "Together4Integrity" ein entsprechendes Programm auf den Weg gebracht. Das interne Hinweisgeber-System soll demnach ausgebaut, Fehlverhalten kompromisslos geahndet werden.

Zuvor hatte der von den US-Behörden nach dem Abgasskandal eingesetzte Aufpasser Larry Thompson in einem Bericht an das US-Justizministerium die interne Aufarbeitung der Affäre kritisiert. Thompson soll nach dem Abgasbetrug und Schuldeingeständnis des Konzerns in den USA sicherstellen, dass sich solches Verhalten nicht wiederholt.

Der Start des von Ex-Konzernchef Matthias Müller ausgerufenen Kulturwandels für mehr Kritikfähigkeit und ethisches Verhalten verlief bisher holprig. Mitte April verlautete aus dem Aufsichtsrat, der Kulturwandel müsse mutig und offen angegangen werden.

70 neue Modell im Jahr 2018

Im laufenden Jahr setzt VW zudem auf Dutzende weitere Modelle. 2018 werde der Konzern mehr als 70 neue Fahrzeuge auf den Markt bringen, sagte Diess. Gleichzeitig warnte er, der neue WLTP-Prüfzyklus zur Bestimmung von Verbrauch, Schadstoff- und CO2-Emissionen könne zu Lieferengpässen führen. Dabei spielten auch die Kapazitäten der Genehmigungsbehörden eine Rolle. Die Umstellung, die am 1. September kommt, bedeute eine "enorme Kraftanstrengung". Kritiker warnen allerdings, dass es auch bei der neuen Methode Schlupflöcher gebe.

VW erwägt Ausgliederung von Randbereichen

Unterdessen denkt Volkswagen im Zuge des Konzernumbaus über die Ausgliederung von Randbereichen nach. "Für Nicht-Kerngeschäfte wie Ducati, Renk und MAN Diesel & Turbo werden wir belastbare Zukunftsperspektiven finden", sagte Diess seinem Redemanuskript zufolge vor den Aktionären in Berlin. Diese Überlegungen könnten zu einer Perspektive für diese Bereiche im Konzern führen. "Aber auch Ausgliederungen sind denkbar." Diess deutete damit an, dass auch ein Verkauf oder ein Börsengang dieser Bereiche denkbar ist. Konkrete Pläne dafür gibt es aber offenbar nicht. Diess sagte, man werde sich bei der Überprüfung der Randbereiche Zeit lassen und mit der "gebotenen Gründlichkeit" vorgehen.

Der neue Konzernchef will seine Strategie erstmals den Aktionären erläutern. Die zwölf Marken des weltgrößten Autobauers sollen in den Segmenten Massenmarkt, Premium und Luxus gebündelt werden, um den schwerfälligen Tanker aus Wolfsburg wendiger zu machen und Doppelarbeiten zu vermeiden. Diess will zudem den Schwenk in die Elektromobilität, selbstfahrende Autos und neue Mobilitätsdienste vorantreiben.

Für das bei der Automesse IAA im vergangenen September angekündigte Beschaffungsvolumen von 50 Milliarden Euro für Batterietechnologie und -Zellen habe Volkswagen inzwischen Lieferanten für ein Volumen von 40 Milliarden Euro engagiert. In diesem Zusammenhang forderte Diess erneut auch eine Batteriezellenfertigung in Europa: Das enorme Beschaffungsvolumen mache deutlich, "dass wir im Industrieverbund mit vereinten Kräften über den Aufbau einer Fertigung von Batteriezellen in Europa nochmals verstärkt diskutieren müssen."

(felt)
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