Zu hohe Preise für Neukunden NRW-Verbraucherzentrale mahnt drei Grundversorger ab

Düsseldorf · Die Verbraucherzentrale NRW geht gegen drei Stadtwerke mit Abmahnungen vor, weil sie neuen Stromkunden in der Grundversorgung mehr Geld abnehmen als den Bestandskunden. Die Stadtwerke Wuppertal wehren sich.

 Strommasten einer Starkstromleitung.

Strommasten einer Starkstromleitung.

Foto: dpa/Silas Stein

Das Chaos auf dem Strommarkt eskaliert. Die Verbraucherzentrale NRW hat drei Grundversorger mit einer Abmahnung aufgefordert, zu hohe Grundversorgungstarife bei Strom und Gas von neu hinzukommenden Kunden wieder zu senken. Die Kölner Rheinenergie, die Stadtwerke Gütersloh und die Wuppertaler Stadtwerke WSW würden Neukunden diskriminieren, indem sie von ihnen deutlich mehr Geld für eine Versorgung in der Grundversorgung verlangen als den bisherigen Kunden.

„Bei allem Verständnis für die nicht ganz einfache Situation der Grundversorger – so geht es nicht“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der NRW Verbraucherzentrale. Er ergänzt: „Die Benachteiligung von Verbraucher:innen, die ohne eigenes Verschulden in die Grundversorgung zurückfallen, ist rechtswidrig und widerspricht dem eigentlichen Schutzzweck der Grundversorgung. Wir werden daher mit allen juristischen Mitteln gegen diese Benachteiligung vorgehen, die nur auf Grundlage eines willkürlich festgelegten Stichtags erfolgt.“

Basis der Klagen war eine Untersuchung der Verbraucherschützer.  Von 23 untersuchten Anbietern hätten 18 einen Neukundentarif eingeführt, der deutlich höher liegt als derjenige für Bestandskunden. Im Schnitt würden Neukunden „mehr als das Doppelte“ zahlen als Altkunden.Laut der Untersuchung kassieren die Stadtwerke Gütersloh bei Kilowattstunde Strom bei Neukunden happige 92 Cent, die Stadtwerke Wuppertal 83 Cent, Rheinenergie kommt auf 73 Cent.

Die Verbraucherzentrale fordert die Energiekartellbehörde NRW zum Handeln auf. Laut den Grünen hat die Behörde es allerdings im November grundsätzlich für zulässig erklärt, bei Preisen zwischen alten und neuen Kunden zu differenzieren.

Hintergrund des Streits sind die Turbulenzen am Strommarkt, die unter anderem dazu führte, dass das Unternehmen Stromio seine Kunden nicht mehr versorgt. Weil nun viele Bürger und kleine Firmen sich nun bei ihren lokal jeweils zuständigen Grundversorgern melden, um Strom oder Gas zu erhalten, müssen die nun wiederum hohe zusätzliche Energiemengen zu sehr hohen Preisen einkaufen, um liefern zu können.

 Der Chef der NRW-Verbraucherzentrale, Wolfgang Schuldzinski, ist Volljurist und geht nun gegen einige Versorger vor.

Der Chef der NRW-Verbraucherzentrale, Wolfgang Schuldzinski, ist Volljurist und geht nun gegen einige Versorger vor.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Mit dieser Situation rechtfertigen auch die Wuppertaler Stadtwerke ihren sehr hohen Preis für die neuen Kunden in der Grundversorgung. „Eine Aufnahme in den allgemeinen Grundtarif hätte für viele treue Bestandskunden der WSW eine Preiserhöhung bedeutet und das wollten wir ihnen nicht zumuten“, sagt der WSW-Vorstandsvorsitzende Markus Hilkenbach auf Anfrage. Er sei „erstaunt“, von den Verbraucherschützern attackiert zu werden. Einziger Grund für die hohen Preise sei, dass unerwartet viele Kunden in die Grundversorgung kommen wollten, die von den anderen Firmen und deren „fragwürdigen Geschäftsmethoden“ hängen gelassen werden.

Die andere Möglichkeit, sinkende Gewinne hinzunehmen, weil das Unternehmen Kunden annehmen muss, deren Versorgung zumindest zeitweise Verluste bringt, schließt er damit aus.

Viele Jahre lang gelang es Discountfirmen, günstige Tarife anzubieten und Geld zu verdienen, indem sie auf dem Spotmarkt Überkapazitäten aufkauften. Doch weil die Preise an der Leipziger Strombörse von rund 50 Euro pro 1000 Kilowattstunden vor einem Jahr auf zeitweise 215 Euro abhoben, hat sich die Situation verändert. „Stromanbieter mit langfristigen Lieferverträgen haben einen Vorteil, weil sie von den Preisturbulenzen weniger getroffen sind“, sagt Udo Sieverding von der NRW-Verbraucherzentrale. Für alle Anbieter würde gelten, dass neue Kunden Verluste provozieren können, sofern Einkaufspreise hoch bleiben.

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