Möglicher Mietnachlass in der Pandemie Handel und Vermieter loben BGH-Urteil zu Miete

Düsseldorf · Unternehmen, die während der Lockdowns ihre Geschäfte schließen mussten, könnten Anspruch auf Mietminderung haben. Das wird aber immer im Einzelfall entscheiden. Noch liegen Tausende Händler mit ihren Vermietern im Clinch.

 Im Lockdown mussten viele Geschäfte zwangsweise vorübergehend schließen.

Im Lockdown mussten viele Geschäfte zwangsweise vorübergehend schließen.

Foto: dpa/Jens Büttner

Ein echter Sieg ist das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Mittwoch in Sachen Mietnachlass für Gewerbetreibende in der Pandemie nicht. Zwar haben die Karlsruher Richter bejaht, dass jene Unternehmen, die während der coronabedingten Lockdowns in den Jahren 2020 und 2021 ihre Türen nicht mehr für die Kunden öffnen durften, einen Anspruch auf Mietminderung haben könnten. Doch ohne Nachweis läuft nichts. In jedem Einzelfall muss überprüft werden, wie groß der Umsatzausfall gewesen ist, wie stark die Verluste waren, was passiert ist, damit diese Verluste eingedämmt werden konnten, wie viel davon der Staat möglicherweise über Hilfsleistungen erstattet.

Und ein Teil des Schadens könnte  ja auch über eine Betriebsausfallversicherung erstattet werden, wenngleich sich da einige Versicherer in der Vergangenheit mit dem Argument quer stellten, dass die Versicherungsbedingungen das nicht hergäben. Dass da Corona noch nicht drinstand, als Corona sich ausbreitete, liegt allerdings auch in der Natur der Sache.

Trotz aller Unwägbarkeiten, die das Urteil vom Mittwoch also noch mit sich bringt, sind beide Seiten mit dem Spruch zufrieden. „Es ist nur fair, dass die Kosten und Nachteile einer erzwungenen Schließung auf Mieter und Vermieter verteilt werden. Von dem Urteil können Tausende Textil-, Schuh- und Lederwarengeschäfte profitieren, die vor allem in den Innenstädten oft hohe Mieten zahlen und sich längst nicht immer mit ihren Vermietern über eine Mietminderung während des Lockdowns einigen konnten“, meint Rolf Pangels, Hauptgeschäftsführer des Textilhandelsverbandes BTE. Oliver Wittke, Hauptgeschäftsführer des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA), spricht ebenfalls von einem „guten und gerechten Urteil, weil es sowohl die Anliegen der Mieter als auch der Vermieter sowie die unterschiedlichen Situationen der betroffenen Akteure berücksichtigt“.

„Wir haben immer gesagt, dass Mieter und Vermieter eine Schicksalsgemeinschaft sind. Das heißt, wir müssen durch die Härten der Pandemie gemeinsam gehen – das gilt auch in Zukunft“, so Wittke über die Partnerschaft von Handel und ZIA, der die Interessenvertretung der Immobilieneigentümer ist.

Dieses Bündnis funktioniert indes nicht in jedem Einzelfall. Laut Pangels liegen Tausende Händler mit ihren Vermietern noch im Streit. Wobei die Wahrnehmung darüber, an wem in solchen Fällen die Einigung in der Vergangenheit gescheitert ist, bisweilen diametral auseinandergeht. Womöglich hat sich manches ja auch im Zeitablauf verändert. Während der Handelsverband Deutschland (HDE) am Mittwoch erklärt hat, nach einer Verbandsumfrage hätten Anfang 2021 „trotz einer bereits erfolgten gesetzlichen Klarstellung noch 60 Prozent der von den Geschäftsschließungen betroffenen Einzelhändler vergeblich auf ein Entgegenkommen des Immobilieneigentümers gewartet“, erklärte am Donnerstag ein ZIA-Sprecher auf Anfrage, in 80 Prozent der Fälle seien sich beide Seiten einig geworden.

Wobei eine gemeinschaftlich gefundene Lösung im Sinne aller ist. Ein Mieter, der sich auf den Standpunkt stellt, wegen der Zwangsschließungen gar nicht zahlen zu müssen, tut sich so wenig einen Gefallen wie ein Vermieter, der ohne Wenn und Aber auf der vollen Miete besteht. Denn der Mieter erfüllt bei Verweigerung zunächst mal seine Verpflichtungen nicht. Der Vermieter muss bei Festhalten an seinen Forderungen in manchen Fällen fürchten, dass der Mieter Insolvenz anmelden muss. Und wenn das nicht passiert, sucht er sich vielleicht nach Ablauf des Mietvertrages eine andere Bleibe. Dann muss der Vermieter einen Nachmieter finden. Und der ist in Pandemiezeiten auch nicht immer zu finden, schon gar nicht bei Büroimmobilien, die weniger genutzt werden als früher. 

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