Hamburg E 10 fast so teuer wie Super-Benzin

Hamburg · Die Einführung des Kraftstoffs E 10 vor vier Jahren gilt als Flop. Er hat nur einen Marktanteil von 15 Prozent. Jetzt verliert der ungeliebte Sprit auch noch seinen Kostenvorteil. Grund ist der Fall des Ölpreises auf ein Sechs-Jahres-Tief.

Der Bio-Kraftstoff E 10 wird einfach nicht zu einer Erfolgsgeschichte. Das Benzin, das seinen Namen der Beimischung von zehn Prozent Ethanol verdankt, ist seit dem Jahresbeginn um zwei Cent je Liter teurer geworden. Der Abstand zum klassischen Superbenzin E 5 ist damit von bisher vier auf nur noch zwei Cent geschrumpft, sagten Sprecher von Mineralölfirmen. Hintergrund seien höhere Preise für das zugemischte Ethanol, das sich im Gegensatz zu herkömmlichem Treibstoff aus Mineralöl in den vergangenen Monaten kaum verbilligt habe. Ethanol stammt zum Beispiel aus Ölpflanzen (Raps, Mais), Getreide oder Zuckerrüben.

"Grund für die Entwicklung sind die relativ gestiegenen Preise für Ethanol", sagte die Shell-Sprecherin. Während der Preis für die Tonne Rohbenzin in den letzten sechs Monaten von 1005 auf 453 Dollar gesunken sei, habe sich der Preis für die Tonne Ethanol im gleichen Zeitraum nur von 846 auf 677 Dollar pro Tonne ermäßigt. Damit sei der Preisabstand von vier Cent je Liter nicht mehr zu halten.

Das bedeutet für die Autofahrer, dass sie im Vergleich zu anderen Spritsorten keinen so großen Kostenvorteil mehr haben, wenn sie E 10 tanken. Der Verbrauch liegt für den Kraftstoff etwas höher. Deshalb hatten die Mineralölkonzerne bei der Einführung von E 10 einen Preisabstand zu Superbenzin E 5 eingebaut, um den Sprit für die Autofahrer attraktiv zu machen.

Diese Rechnung ging jedoch nicht auf. Die Kunden akzeptierten E 10 überwiegend nicht, weil sie Schäden an den Automotoren oder eine geringere Leistung befürchteten. Zudem geriet Benzin aus Pflanzen generell in die Kritik, weil es hier eine zunehmende Konkurrenz zu Anbauflächen für die Nahrungsmittelproduktion gibt. "Teller statt Tank", lautete die Losung für viele Kritiker und Hilfsorganisationen.

Der Marktanteil von E 10 liegt für den Gesamtmarkt stabil bei rund 15 Prozent. Bei den großen Anbietern kommt E 10 immerhin auf einen Marktanteil von 20 Prozent. Ursprünglich sollte E 10 die dominierende Kraftstoffsorte auf dem deutschen Markt werden. Die Mineralölunternehmen sind nach den Vorgaben des Gesetzgebers gehalten, in diesem Jahr 3,5 Prozent an Kohlendioxid (CO2) oder anderen Klimagasen einzusparen. Dazu ist E 10 mit Ethanol eine Möglichkeit.

Der Verfall der Rohölpreise setzte sich unterdessen auch gestern fort. Wegen des weltweiten Überangebots und einer schwächelnden Nachfrage hat sich die richtungsweisende Sorte Brent in den vergangenen sieben Monaten um 60 Prozent verbilligt. Mit 45,19 Dollar je Fass kostete Rohöl aus der Nordsee gestern so wenig wie seit fast sechs Jahren nicht mehr. Und ein Ende des Preisverfalls ist - zumindest kurzfristig - nicht in Sicht. Nach Einschätzung der NordLB könnte Brent in den kommenden Wochen zeitweise sogar unter die Marke von 40 Dollar je Fass rutschen. 2008 war der Preis im Sog der weltweiten Finanzkrise sogar bis auf einen Stand von 36,20 Dollar gesackt.

Das Kartell der erdölexportierenden Länder (Opec) hat bisher nicht mit einer Produktionskürzung auf den Preissturz reagiert. Vor allem Saudi-Arabien hat sich gegen eine geringere Förderung ausgesprochen und gewährt stattdessen seinen Abnehmern Rabatte. Das Kalkül: Die Förderung soll für Konkurrenten wie die Fracking-Firmen in den USA unrentabel werden. Wenn diese dann aufgeben, verringert sich das Angebot und sorgt damit langfristig wieder für steigende Preise. Die US-Produzenten brauchen einen Ölpreis von mindestens 60 Dollar je Barrel, um dauerhaft profitabel arbeiten zu können. Unter dem Fall des Ölpreises leiden auch die Russen.

(RP)
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