Bonn Trotz Streiks mehr Pakete verschickt

Bonn · Die Post-Aktie rutscht ab, weil 100 Millionen Euro Gewinn fehlen. Auffällig: Der Gewinn pro Mitarbeiter liegt sehr niedrig.

Trotz des wochenlangen Arbeitskampfes hat die Deutsche Post hierzulande im zweiten Quartal 19 Millionen Pakete mehr ausgeliefert als im Vorjahresquartal. Die Kunden bekamen 255 Millionen Pakete geliefert, ein Jahr davor waren es 236 Millionen. Das zeigt die Halbjahresbilanz. "Bestellungen über das Internet nehmen weiter zu", erklärte eine Sprecherin, "E-Commerce bleibt unser Wachstumstreiber."

Der massive Streik hat den Konzern 100 Millionen Euro beim operativen Ergebnis (Ebit) gekostet. Das deutsche Briefgeschäft rutschte um weitere 3,6 Prozent auf 1,52 Milliarden Euro ab. Viel wichtiger aber: Vorstandschef Frank Appel und der für das Paketgeschäft zuständige Vorstandskollege Jürgen Gerdes haben kräftig Geld verteilt, um die Folgen des Streiks zu mildern: So wurden spezielle Prämien für Mitarbeiter gezahlt, die liegengebliebene Pakete ausfuhren. Als Ergebnis war der Streik am Ende deutlich weniger wirksam als geplant. Die Gewerkschaft Verdi akzeptierte zähneknirschend, dass neue Paketzusteller schlechter als im Konzerntarifvertrag bezahlt werden. Bereits 6700 Kollegen wurden bei einer der neu gegründeten Regionalgesellschaften eingestellt, bis 2020 sollen es 10 000 werden, bis 2025 hält Konzernlenker Appel sogar 25 000 Mitarbeiter für denkbar.

Der Konzernchef korrigierte gestern die Prognose für den operativen Jahresgewinn um 100 Millionen Euro auf 2,95 bis 3,1 Milliarden Euro nach unten - das wäre nur minimal mehr, als im vergangenen Jahr verdient wurde. Der Aktienkurs rutschte daraufhin um drei Prozent ab. Das Papier war Tagesverlierer im Börsenindex Dax 30.

Eines der großen Probleme des Logistikkonzerns: Die global aufgestellte Frachtsparte schwächelte weiter und verlor währungsbereinigt 1,5 Prozent des Umsatzes. Um auf alles vorbereitet zu sein, stellte Finanzvorstand Larry Rosen 300 Millionen Euro für einen weiteren Umbau der Sparte zurück. Gerüchte über einen möglichen Verkauf dementierte der Amerikaner aber klar: "Die Frachtsparte ist ein sehr wichtiger Teil unseres Geschäfts. Wir haben da eine sehr gute Zukunft."

Trotz des Gegenwindes bekräftigte der Vorstand seine mittelfristigen Prognosen: Nächstes Jahr sollen dank wachsendem Welthandel und Paketgeschäft 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro an operativem Ergebnis hereinkommen. Bis 2020 soll das operative Ergebnis jedes Jahr um acht Prozent steigen, wobei das Plus bei der Paket- und Briefsparte jährlich nur bei drei Prozent liegen soll. "Dieses relativ schwache Gewinnwachstum im Paketgeschäft zeigt, dass wir nicht einseitig nur die Gewinne mit niedrigeren Löhnen hochdrücken", sagt ein Manager.

Vordergründig streikte Verdi für höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten. Die eigentliche, wenn auch nicht öffentlich geäußerte Argumentation war eine andere: Es sei unfair, dass künftige Mitarbeiter weniger verdienten, nur damit künftige Gewinne stiegen.

Auffällig am Weltkonzern Deutsche Post DHL bleibt weiter, wie wenig er - gemessen am Umsatz und an der Zahl der Beschäftigten - investiert: So lagen die Investitionen im zweiten Quartal mit 421 Millionen Euro zwar ein Viertel höher als 2014 in den entsprechenden drei Monaten, aber sie machen nur drei Prozent des Quartalsumsatzes von 14,7 Milliarden Euro aus.

Gemessen an der Zahl von knapp 500 000 Mitarbeitern rund um den Globus, werden pro Kopf im Quartal also nicht einmal 1000 Euro in neue Anlagen gesteckt - andere Konzerne wie Telekom, VW, Henkel kommen auf deutlich höhere Investitionen in Anlagen und Büros.

Weil die Personalkosten gemessen am Umsatz beim Logistiker Post deutlich höher sind als etwa bei Technologiekonzernen, fallen steigende Personalkosten deutlich höher ins Gewicht und können den Gewinn wegschmelzen lassen. Letztlich liegt darin auch der harte Arbeitskampf begründet. Umgekehrt macht die Post pro Mitarbeiter wenig Gewinn: Nach Abzug von Steuern, Zinsen und Abschreibungen sind es pro Beschäftigtem etwas über 4000 Euro im Monat, bei Henkel kommen auf jeden der 50 000 Beschäftigten rund 33 000 Euro Reingewinn.

(RP)
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