Karlsruhe Computerspiele: Eltern haften nicht für Kinder

Karlsruhe · Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Wenn Kinder Extras für ein Computerspiel per 0900er-Nummer erstehen, müssen die Eltern nicht zahlen.

Eine hartnäckige Mutter hat vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gesiegt und so 1250 Euro gespart. Ihr Sohn hatte mit 13 Jahren ein millionenfach genutztes Computerspiel zuerst umsonst genutzt. Um seinen Kämpfer im Spiel besser auszurüsten und um mehr Spaß zu haben, kaufte er Nutzungspunkte ("Credits") dazu. Zum Zahlen wurde er aufgefordert, eine 0900er-Nummer anzurufen und einen online sichtbaren Code abzugeben. Das machte der Junge 21 mal - so kam der Betrag über 1250 Euro zusammen, der über die Telefonrechnung der Mutter bezahlt werden sollte. Doch die weigerte sich. Wie lautet die juristische Begründung? Die Mutter muss für ihren Sohn nicht automatisch haften, nur weil dieser ihr Telefon zum Zahlen seines Computerspieles nutzte. Es gäbe keinen Grund anzunehmen, dass die Mutter mit dem Handeln des Kindes einverstanden war, meint der BGH. Und es gäbe umgekehrt auch keinen Grund zu der Annahme, dass der Anbieter des Computerspieles von dem Jungen über sein Alter getäuscht worden war ("Anscheinsvollmacht"). Also sei die Klage auf Zahlung abzulehnen. Mit dem Urteil hebt der BGH zwei anderslautende Urteile aus Vorinstanzen auf. Gibt es eine allgemeine Lehre? Inhaber eines Telefonanschlusses müssen grundsätzlich nicht für das Anwählen von 0900er-Nummern haften, sofern diese von einem "nicht autorisierten Dritten" getätigt werden, meint der BGH. Die spannende Frage wäre nun, ob Eltern auch Zahlungen verweigern können, wenn Kinder auf dem Smartphone oder Tablet-PC von ihnen Credits oder Ähnliches für Spiele kaufen oder auch Musik erwerben. "Ich wäre vorsichtig mit einem Übertragen der Logik dieses Urteils auf die ganze High-Tech-Welt", erklärt dazu der Anwalt Matthias Siegmann gegenüber unserer Redaktion. Er hatte die Mutter beim BGH vertreten und meint: "Es ist schon ein besonderer Vorgang, wenn ein Unternehmen Nutzer auffordert, Geld per 0900er-Nummer zu bezahlen, aber selber logischerweise nicht prüfen kann, ob der Inhaber des Anschlusses mit der Zahlung einverstanden ist." Wie funktionieren "Pay by Call"-Dienste allgemein? Ein Anruf genügt, und es kann anonym und schnell gekauft werden. "Die Identifizierung läuft ausschließlich über den Telefonanbieter. Ich muss also keine Bankverbindung oder andere Kontaktdaten angeben",sagt Christine Steffen, Juristin bei der Verbraucherzentrale (VZ) NRW. Abgerechnet wird über die Telefonrechnung. Das hat den Vorteil, dass Kunden fremden Anbietern keine Daten überlassen müssen. Das Risiko: Über den Anschluss können auch andere Geld ausgeben - worauf wahrscheinlich auch manche Anbieter setzen und Kinder locken. Wie können Eltern verhindern, dass ihre Kinder per Smartphone sehr hohe Beträge verlieren? Die Verbraucherzentrale NRW rät dazu, ein Passwort für Käufe im Store einzurichten. Dies kann im Google Play Store und im Apple-App-Store unter Einstellungen festgelegt werden. Im Apple App Store kann man sogar alle In-App-Käufe blockieren - dann können die Kinder oder Jugendlichen überhaupt keine Zusatzpunkte beispielsweise für eine neue Rüstung eines Digitalkriegers kaufen. Was ist von Pre-Paid-Karten zu halten? Sie sind - auch pädagogisch gesehen - eine interessante Sache. In vielen Geschäften lassen sich Prepaid-Karten mit vorwegbezahlten Guthaben für die App-Shops kaufen, mit denen der Nachwuchs dann haushalten muss. Mögliche Beträge sind 15 Euro, 25 Euro oder auch 50 Euro. Ähnlich wie bei Handys ist so eine gewisse Kostenkontrolle möglich. Logischerweise sollten Eltern dann der Versuchung widerstehen, dem Kind jedes Mal eine neue Karte zu kaufen, wenn das Guthaben aufgebraucht ist. "Die Käufe sollten ihre Grenzen im Rahmen des Taschengelds oder eines anderen festen Budgetrahmens finden", erklärt dazu die Verbraucherzentrale NRW. Wo sollten Eltern sehr aufpassen? Die Verbraucherzentrale meint, es sei "Frage des Vertrauens", ob Eltern ihren Kindern ihre Kreditkartennummer für Einkäufe im Internet geben. Dies ist sehr vorsichtig formuliert: Tatsache ist, dass die Eltern mit der Weitergabe ihrer Kreditkartennummer keinerlei Kontrolle mehr haben, was damit gemacht wird. Die Kosten für Einkäufe bleiben an ihnen hängen. Was ist mit einer Familienfreigabe? Bei Apple können mit der Familienfreigabe bis zu sechs Familienmitglieder Einkäufe aus iTunes und dem App Store gemeinsam nutzen, ohne den gleichen Account zu haben. Die Einkäufe können mit der gleichen Kreditkarte bezahlt werden. Das Wichtige: Eltern können einstellen, dass sie Käufe ihrer Kinder bewilligen müssen. Das kann in Sekunden gehen. Bei Google Play gibt es eine sehr ähnliche Funktion.

(RP)
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