Hak Cheol Shin "US-Importzölle würden 3M nicht treffen"

Der Vize-Präsident des Technologiekonzerns über die Folgen von Trumps Plänen und Arbeitszeit-Modell für Kreative.

Neuss Verbraucher kennen das US-Unternehmen 3M wegen der gelben Klebezettel. Doch 3M ist mehr als Post-it. Der Technologiekonzern hat reflektierende Schilder, Industriekleber, Spülschwämme (Scotch-Brite) und Pflaster im Programm. Wir sprachen am deutschen Sitz in Neuss mit Hak Cheol Shin, der als Vizepräsident für das internationale Geschäft von 3M verantwortlich ist.

3M ist ein internationaler Konzern. Sorgt Sie der neue Protektionismus in der Welt?

Shin Wir machen 63 Prozent des Umsatzes im Ausland. Wir sind wie viele Firmen auf freie Märkte angewiesen, sie sichern den Wohlstand der Kunden und der Volkswirtschaften. Aufmerksam verfolgen wir die Entwicklung nicht nur in den USA, sondern auch in Großbritannien.

Was halten Sie von den Importverboten, die der US-Präsident erlassen will?

Shin Unser Maßstab sind unsere Kunden. Wir kommentieren traditionell nicht die Politik in einzelnen Ländern.

... aber Apple und andere Tech-Konzerne tun das doch auch.

Shin Uns würden amerikanische Importzölle nicht treffen. Wir sind dort Nettoexporteure. Das heißt: 3M führt mehr Waren aus den USA aus, als wir aus dem Ausland importieren. Das ist bei Konzernen, die sich nun äußern, vielleicht anders.

Würde Sie der Einreisebann treffen, den Trump für Bürger einiger muslimisch geprägter Länder plant?

Shin 3M hat weltweit 92.000 Mitarbeiter in 70 Ländern. Die meisten Mitarbeiter rekrutieren wir direkt in den Regionen. Daher würde uns ein Einreiseverbot kaum treffen.

Dabei braucht 3M die kreativsten Köpfe. Welche Bedeutung haben Innovationen für Ihr Geschäft?

Shin Wir bringen jährlich 1000 neue Produkte heraus und machen 33 Prozent des Umsatzes mit Produkten, die kürzer als fünf Jahre auf dem Markt sind. Dieser New Product Vitality Index ist ein einfaches, aber wirkungsvolles Maß, um Innovationskraft zu messen und zu erhalten.

Kann man Kreativität erzwingen?

Shin Nein, aber man muss Kreativität zulassen. Das tut 3M, indem wir unseren Entwicklern 15 Prozent ihrer Arbeitszeit für Projekte eigener Wahl überlassen. Ob sie diese im Büro oder daheim verbringen, können sie selbst entscheiden. Zudem braucht man Mitarbeiter, die aus guten Ideen profitable Produkte machen.

Was sind die Trends, an denen 3M künftig verdienen will?

Shin Wir wollen von den Megatrends Bevölkerungswachstum, Umweltschutz und Digitalisierung profitieren. Zwei Beispiele: Die Bevölkerung in Asien leidet zunehmend unter der Luftverschmutzung. Entsprechend gefragt sind unsere Atemschutzmasken. Viele Menschen nutzen Wasserfilter, wechseln sie aber zu selten. Wir haben digitale Filter entwickelt, die den Nutzer erinnern.

Das Europäische Entwicklungszentrum von 3M ist in Neuss. Warum?

Shin Neuss bietet die Nähe zu unseren Kunden wie Autozulieferern und Maschinenbauern. Zudem gibt es wegen der Universitäten gute Fachkräfte. Ich bin gespannt auf die nächsten Innovationen aus Neuss.

ANTJE HÖNING FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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