Winter-Premiere für Mixed-Wettbewerb Gleichberechtigung auf der Schanze

Köln/Lillehammer · Männer und Frauen gehen in diesem Winter erstmals gemeinsam von der Schanze. Die "Adlerinnen" erhoffen sich von dem Mixed-Wettbewerb mehr Aufmerksamkeit, der DSV hofft auf eine WM-Medaille.

 Ulrike Gräßler war beim Sommer-Wettkampf dabei.

Ulrike Gräßler war beim Sommer-Wettkampf dabei.

Foto: dapd, dapd

An die neuen Verhältnisse in der Kabine muss sich Richard Freitag erst noch gewöhnen. "Ups, hier muss man ja jetzt anklopfen", sagte der Weltklasse-Skispringer, als er im Juli in Hinterzarten nichts ahnend in Richtung Umkleide stapfte. Zwei große Schilder neben der Holztür hatten den 21-Jährigen vorgewarnt: "Männer" war dort auf blauem Untergrund zu lesen - und direkt darunter für dieselbe Tür: "Ladies". Natürlich auf Rosa.

Der neue Mixed-Wettbewerb, im Sommer erstmals geprobt und in diesem Winter schon im WM-Programm, er sorgt für manch ungewohnte Situation. Aber auch für neue Chancen: "Wir sind eine Familie, wir haben richtig Spaß. Und bei der WM ist vielleicht auch eine Medaille drin", sagte etwa Hoffnungsträger Andreas Wank im SWR. Und fügte schelmisch grinsend hinzu: "Schminken werde ich mich deswegen aber nicht. Und die Haare lasse ich auch nicht wachsen."

Großes Leistungsgefälle

Die Idee ist denkbar einfach: Zwei Frauen und zwei Männer bilden ein Team, die Punkte werden addiert. Da bei den Frauen das Leistungsgefälle noch immer enorm ist, mischen plötzlich Nationen wie Kanada, die USA oder die Schweiz vorne mit. Und auch das DSV-Team darf hoffen: Bei den Testläufen im Sommer landete das deutsche Mixed auf den Plätzen zwei und drei. "Wir sind für den Winter recht optimistisch", sagt Damen-Bundestrainer Andreas Bauer.

Fast genauso wichtig ist den Springerinnen die neu gewonnene Anerkennung. "Der Mixed-Wettbewerb wertet unsere junge Sportart auf", sagt Bauer: "Es bringt uns voran, wenn man sieht, dass die Damen von so einer großen Schanze springen können - und das auch noch weit." Die Leistungen der Weltspitze können sich in der Tat sehen lassen: Die Österreicherin Daniela Iraschko flog 2003 auf dem legendären Kulm als erste und bis heute einzige Frau auf 200 Meter.

Das Problem: Hinter Iraschko, der Amerikanerin Sarah Hendrickson und der 16 Jahre alten Sara Takanashi (Japan) klafft eine große Lücke. "Ohne den Damen zu nahe treten zu wollen: Im Moment schaut es so aus, dass dort noch nicht diese Dichte vorhanden ist", sagt Männer-Bundestrainer Werner Schuster. Die Entscheidung bei der WM werde daher nur über die Frauen gehen. "Die Österreicher haben genau zwei Mädchen. Wenn beide fit sind, können sie Gold abholen. Aber sobald nur eine krank ist, wird es schwer", glaubt Schuster.

Frauen-Skispringen bei Olympia

Der Weg ist den fliegenden Frauen jedenfalls geebnet. 2014 steht das Einzelspringen erstmals im Programm der Olympischen Winterspiele, auch der Mixed-Wettbewerb soll bald aufgenommen werden. Einen entsprechenden Antrag hat Walter Hofer, Renndirektor des Internationalen Skiverbandes FIS, bereits angekündigt.

Und so wird der weibliche Faktor im Skispringen weiter zunehmen. Mit Folgen auch für die Männer. "Frauen sind viel emotionaler, da fließen auch mal Tränen", sagt Bundestrainer Bauer. Ganz anpassen will sich Richard Freitag deswegen aber nicht: "Zopf und Ohrringe lasse ich weg. Das sieht nicht ganz so gut aus."

(sid)
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