Interview mit ehemaligem Zehnkämpfer Meier: "Ich war zu jung zu gut"

sid: "Paul Meier, bei der Olympia-Qualifikation der Zehnkämpfer in Ratingen sieht man Sie als Stadionsprecher statt als Athlet. Wie sehen ihre weiteren sportlichen Pläne aus?"

sid: "Paul Meier, bei der Olympia-Qualifikation der Zehnkämpfer in Ratingen sieht man Sie als Stadionsprecher statt als Athlet. Wie sehen ihre weiteren sportlichen Pläne aus?"

Paul Meier: "Meine Karriere habe ich engültig ad acta gelegt. Ich werde mir keine internationalen Ziele mehr setzen. Ganz mit dem Sport aufhören möchte ich aber nicht. Mir ist es wichtig, noch einmal einen Zehnkampf zu beenden, ohne dabei auf die Punktzahl zu schauen. Letztmals habe ich alle Übungen vor mehr als fünf Jahren durchgestanden."

sid: "Welche Betätigung lässt Ihr geschundener Körper nach insgesamt sechs Operationen derzeit überhaupt noch zu?"

Meier: "Seit etwa zwei Monaten machen mir Ischiasbeschwerden stark zu schaffen, nachdem ich im Winter noch sehr gut in Form gekommen war. Als ich dann wieder wochenlang zu Physiotherapeuten und Ärzten rannte, merkte ich allmählich, dass es nichts mehr wird. Derzeit ist ein Leistungstraining unmöglich, Sprinten kann ich beispielsweise überhaupt nicht. Ich halte mich trotzdem so gut wie möglich fit."

sid: "Wie schwer ist Ihnen die Erkenntnis gefallen, endgültig Abschied von der großen Bühne zu nehmen?"

Meier: "Ich habe sie relativ gefasst aufgenommen, weil ich in meinem Beruf als Projektingenieur zurzeit sehr gut vorankomme. Außerdem kenne ich die Situation, verletzt zu sein, ja zur Genüge."

sid: "Welche Rolle hat ihre neue Partnerin Heike Henkel gespielt?"

Meier: "Wir haben viel darüber geredet. Sie hat sicher dazu beigetragen, dass ich nicht so hart gelandet bin. Aber die Entscheidung habe ich ganz alleine getroffen."

sid: "Wie ein Komet erschienen Sie 1992 in Barcelona am Zehnkampf-Himmel, führten nach dem ersten Tag, wurden Sechster. Im Jahr darauf Bronze bei der WM mit der persönlichen Bestleistung von 8.548 Punkten. Wie ist die darauf folgende Verletzungsserie zu erklären?"

Meier: "Ich war zu jung zu gut. 1992 war ich erst zwei Jahre Zehnkämpfer - ich war auf die hohen Intensitäten nicht vorbereitet, die aufgrund meines Talents möglich waren. 1993 ist dann das System gekippt. Dabei haben wir keine großen Fehler im Training gemacht. Man hätte damals nur konsequenter sagen müssen: Gang raus, Pause, und dann ein noch langfristigerer Aufbau."

sid: "Sie haben sich bereits mehrfach als Stadionsprecher und Moderator ausgezeichnet. Ist das eine Perspektive?"

Meier: "Es ist eine denkbare Alternative. Neben Sport und Beruf ging das bislang nur gelegentlich. In Sydney werde ich für die Bayer AG eine Moderatoren-Tätigkeit übernehmen. Mal sehen, wie sich das weiter entwickelt."

(RPO Archiv)
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