Rückzug vom Leistungssport Zehnkämpfer Meier gibt Kampf gegen den Körper auf

Leverkusen (sid). Zehnkampf-Pechvogel Paul Meier gibt den Kampf gegen seinen streikenden Körper auf und beendet seine Karriere: "Ich werde mir keine internationalen Ziele mehr setzen", erklärte der WM-Dritte von 1993 dem Sport-Informations-Dienst (sid). Seit über fünf Jahren vollendete Meier keinen Zehnkampf mehr, insgesamt sechsmal wurde er operiert, zuletzt platzte der Traum von Olympia in Sydney. Einen Wunsch hat der knapp 29 Jahre alte Leverkusener noch an seinen geschundenen Leib: "Ganz mit dem Sport aufhören möchte ich nicht. Mir ist es wichtig, noch einmal einen Zehnkampf zu beenden, ohne dabei auf die Punktzahl zu schauen."

Trost spendete Hochsprung-Olympiasiegerin Heike Henkel, mit der Paul Meier seit kurzem zusammenlebt: "Wir haben viel darüber geredet. Sie hat sicher dazu beigetragen, dass ich nicht so hart gelandet bin." Erleichtert worden sei der Entschluss auch durch die Tatsache, "dass ich im Beruf zurzeit sehr gut vorankomme". Der Diplom-Maschinenbauer arbeitet als Projektingenieur für Kunststofftechnik in einem Leverkusener Unternehmen.

Seit zwei Monaten leidet Meier unter Ischiasproblemen und musste deshalb die Hoffnung auf die Sydney-Qualifikation begraben. Stattdessen wirkt "Paule" am kommenden Wochenende als Stadionsprecher bei der deutschen Olympiaqualifikation in Ratingen, in Sydney arbeitet er als Moderator für die Bayer AG. "Das Wintertraining lief so gut, dass er um die Tickets mitgekämpft hätte", sagt sein Trainer Bernd Knut, der über das Pech des einstigen Publikumslieblings nur den Kopf schüttelt: "Das geht auf keine Kuhhaut."

Meier hatte vor sieben Jahren bei der Leichtathletik-WM in Stuttgart für ein Glanzlicht gesorgt - mit 8.548 Punkten holte er Bronze und wurde von 60.000 Zuschauern im Daimler-Stadion mit "Paule, Paule"-Sprechchören euphorisch gefeiert. "Der Gegentyp zu Jürgen Hingsen - nur mit mehr Talent", lobte damals Willi Holdorf, Zehnkampf-Olympiasieger von 1964. Aufgegangen war Meiers Stern 1992 bei den Spielen in Barcelona, wo der damals 21-Jährige sensationell nach dem ersten Tag führte und am Ende Sechster wurde.

Leidenszeit begann 1993

"Mein Pech war, dass ich zu jung zu gut war", sagt Meier im Rückblick: "1992 war ich erst im zweiten Jahr Zehnkämpfer - ich war auf die hohen Intensitäten nicht vorbereitet, die aufgrund meines Talents möglich waren." Fehler im Training erkennt er im Rückblick nicht, außer: "Man hätte damals konsequenter sagen müssen: Gang raus, Pause, und dann ein noch langfristigerer Aufbau."

Nach der WM 1993 begann die unendliche Verletzungs-Geschichte. "Damals ist das System gekippt", sagt Meier. Muskelprobleme kosteten ihn 1994 die EM-Teilnahme. Nach einer Knieoperation gab er im Mai 1995 sein Comeback, am 2. Juli desselben Jahres beendete er beim Europacup in Helmond/Niederlande seinen letzten Zehnkampf mit einem Sieg und dem insgesamt achten "Achttausender" seiner Laufbahn. Bei der WM 1995 streikte der Körper, eine Bauchmuskelzerrung bedeutete nach drei Disziplinen das Aus.

Alle weiteren Comeback-Versuche schlugen fehl. Besonders bitter war der Achillessehnenriss bei den deutschen Meisterschaften 1998 in Vaterstetten. "Stehaufmännchen" Meier gab dennoch nicht auf und nahm nach einer zweiten Achillessehnenoperation im Herbst 1998 und einem Trainerwechsel von Axel Berndt zu Bernd Knut einen erneuten Anlauf - auch diesmal vergeblich.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort