Deutscher Trainer schreibt Geschichte Benficas „hochverdienter Titel der Marke Schmidt“

Mönchengladbach · Roger Schmidt, der frühere Trainer von Bayer Leverkusen und dem SC Paderborn, hat mit Portugals Rekordmeister Benfica Lissabon den Titel geholt. Ein Benfica-Experte erklärt, welchen Anteil der deutsche Trainer an diesem Erfolg hat.

Roger Schmidt: Ein Porträt in Bildern
17 Bilder

Das ist Roger Schmidt

17 Bilder
Foto: AFP/PATRICIA DE MELO MOREIRA

Den „Vulkan“ Roger Schmidt, den man aus seinen Zeiten beim SC Paderborn oder bei Bayer Leverkusen kennt, den hat es nicht gebraucht, um Geschichte zu schreiben. Schmidt ist stets Gentleman geblieben auf dem Weg dahin, ganz so, wie es sich gehört für den Trainer des größten Klubs Portugals - jeder zweite Portugiese ist Fan von Benfica Lissabon. Schmidt, 56, ist nach Jupp Heynckes der zweite deutsche Trainer Benficas und in der ersten portugiesischen Liga überhaupt, vor allem aber ist er der erste deutsche Trainer, der dort den Titel holt. Mit dem 3:0 am letzten Spieltag gegen den Absteiger Santa Clara im heimischen Stadion „da Luz“ machte Benfica den ersten Titel seit 2019 klar.

Wer einmal in diesem Fußball-Tempel war, zum Beispiel beim 4:2-Sieg gegen Rio Ave Anfang Oktober 2022, wer die Benfica-Fans auf dem Weg zum Spiel erlebt, den Flug des Adlers vor dem Anpfiff, die Emotionen während der 90 Minuten, die Explosion bei Toren für Benfica, der spürt: Portugals Rekordmeister ist mehr als ein Klub. Der deutsche Autor Markus Horn hat sogar mal 111 Gründe zusammengetragen, Benfica zu lieben. Schmidt wird vielleicht noch mehr auflisten können.

Nigeria, Südafrika & Co.: Wo deutsche Trainer angestellt sind
16 Bilder

Deutsche Trainer im Ausland

16 Bilder
Foto: dpa/Richard Sellers

Überall in Lissabon ist Benfica zu finden, Benficas größter Spieler, Eusebio, hat nicht nur eine Statue bekommen am „Luz“, er hat im nationalen Pantheon seine Ruhestätte unter den Königen und großen Eroberern Portugals. „Für jemanden wie mich, der den Fußball liebt, ist das einer der absolut größten Vereine. Real Madrid, FC Barcelona, Benfica Lissabon. Eine solche Leidenschaft, eine solche positive Energie habe ich noch nie erlebt“, sagte Schmidt zuletzt dem „Spiegel“.

Schmidt steht mit seinem Triumph in einer guten Tradition. „Trainer aus dem Ausland sind ein wenig Benfica-DNA. Die zwei europäischen Titel in den 60ern waren unter dem ungarischen Trainer Béla Guttmann, in den 80er kam Sven-Göran Eriksson, der den portugiesischen Fußball revolutionierte, und Anfang der 2000er war Giovanni Trapattoni Meister mit Benfica. Roger Schmidt passt da ganz gut ins Bild“, sagte Duarte Monteiro, Benfica-Experte bei „ZeroZero“ und „Elevensports“ unserer Redaktion.

Deutscher Meister FC Bayern München feiert Titel mit Meisterschale
18 Bilder

FC Bayern feiert mit der Meisterschale

18 Bilder
Foto: dpa/Federico Gambarini

Schmidt wurde zuvor schon mit RB Salzburg in Österreich Meister und Pokalsieger und holte mit dem PSV Eindhoven in den Niederlanden sowie in China mit dem Klub Guoan aus Peking den Pokal. Doch die Meisterschaft mit Benfica dürfte der emotionalste Titel sein. Er selbst lebt die Fußball-Leidenschaft leidenschaftlich, sein Spiel passt dazu.

„Roger Schmidt hat von Anfang an eine klare Linie gezogen und die auch gezeigt. Es war allen klar, wie er spielen wollte und welche Spieler für ihn wichtig waren und welche nicht“, sagte Monteiro. „Er hat junge Talente wie Gonçalo Ramos, António Silva oder João Neves auf ein anderes Niveau gebracht. Er musste im Januar noch den Abgang von Enzo Fernández kompensieren. Die Mannschaft wackelte hier und da, aber im Großen und Ganzen war es ein hochverdienter Titel der Marke Schmidt“, sagte der Experte.

Borussia Mönchengladbach: Choreo für Lars Stindl zum Abschied
26 Bilder

Gladbach-Fans verabschieden Stindl mit großer Choreo

26 Bilder
Foto: Ja/Dirk Päffgen

Talente entwickeln, sie dann an die reichen Klubs Europas verkaufen, das ist ein Prinzip Benficas. Kaum ein Klub verdiente in den vergangenen Jahren so viel Geld wie Benfica durch Spielertransfers. Ruben Diaz und Bernardo Silva zum Beispiel wurden gerade mit Manchester City zum wiederholten Mal englischer Meister. Der Klub nutzte unter Schmidt die große Bühne Champions League, um Werbung für seine Spieler zu machen. Nur eines von 14 Spielen ging verloren, das indes bedeutet das Aus im Viertelfinale in der Meisterklasse gegen Inter Mailand. Der Schmidt-Fußball jedoch, der beeindruckte immer – geradlinig, mit Verve, actionreich.

„Was Schmidt und Benfica diese Saison international gezeigt haben, vor allem in der Gruppenphase, muss als Grundstein genutzt werden, um in Zukunft in der Champions League mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein anzutreten. Ich glaube, das größte Lob, das man Roger Schmidt machen kann, ist, dass er gegen die Mächtigen wie Paris Saint-Germain oder Juventus Turin die gleiche Linie und dieselbe Philosophie an die Mannschaft durchgegeben hat“, sagte Monteiro.

Abgehoben: Roger Schmidt ist Meister mit Benfica Lissabon.

Abgehoben: Roger Schmidt ist Meister mit Benfica Lissabon.

Foto: dpa/Armando Franca

Schmidt ist nun ein besonderer Teil der großen Benfica-Geschichte. „Für den gesamten portugiesischen Fußball war er eine Bereicherung, auch wegen seines Stils – auf und neben dem Platz“, sagte Monteiro. In dem Land, in dem Cristiano Ronaldos Heldenstatus alle überstrahlt, hat Roger Schmidt Benfica gelehrt, Fußball als Teamwork zu denken und zu spielen. Auch deswegen ist Schmidts Anteil am Hoch bei Benfica „groß, das ist unantastbar“, wie Montero sagte. Lissabon feierte Benficas 38. Meisterschaft und Meistermacher Schmidt euphorisch, 64.000 Menschen im „Luz“ und später 100.000 auf dem Praca Marques de Pombal im Herzen Lissabons.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort