Die RP-Fankolumne Wenn ich bei Fortuna das Sagen hätte..

Meinung | Düsseldorf · Wir wollen euch 2021 (noch) mehr zu Wort kommen lassen! Was brennt euch unter den Nägeln? Was wolltet ihr immer schon mal ansprechen? Was nervt? Was findet ihr toll? Den Anfang macht Oliver Düren in unserer neuen Fankolumne.

 Fortuna-Fan Oliver Düren.

Fortuna-Fan Oliver Düren.

Foto: privat

Endlich ist es soweit. Knapp 42 Jahre nach einem 3:3 am letzten Spieltag gegen eine Mannschaft, die man damals unverständlicherweise noch nicht „Ostholland“ nannte, bei dem ich an der Hand meines Vaters zum ersten Mal die große Schüssel nördlich unseres Familienfreibades betrat und es endgültig um mich geschehen war. Nach all den erlittenen und gefeierten Jo-Jo-Erlebnissen. Nach zahlreichen Facebook-Posts und Kommentaren, in denen ich es schon immer besser gewusst habe. Endlich habe ich tatsächlich das Ruder in der Hand und darf die Geschicke meiner großen, meiner ersten Liebe steuern.

Welch eine große Verantwortung. Ich atme tief durch, lehne mich zurück und versuche, alle Emotionen und verklärten Erinnerungen bei Seite zu schieben – von A wie Allofs, meinem Kindheitsidol, bis Z wie Zimmermanns Zaubervorbereitung im letzten Heimspiel gegen die Abstiegsgefährten aus der westfälischen Provinz.

Jede Herausforderung beginnt mit einer Bestandsaufnahme. Wir sind abgestiegen. Mal wieder. Unnötig und fahrlässig. Mal wieder. Dennoch muss es erlaubt sein, eine Vision zu formulieren: Meine Fortuna im Jahr 2030 bündelt ligaunabhängig die besten Eigenschaften aller Klubs, die als Vorbild gelten dürfen. Natürlich ohne dabei die eigene Identität zu verlieren. Die Integrität eines Klubs wie Union Berlin, die Kontinuität des SC Freiburg, die Professionalität und Unaufgeregtheit einer Gladbacher Borussia und die öffentliche Wahrnehmung der Fortuna als Klub mit Haltung, Herz und Verbundenheit mit der Stadt und den Fans. Das alles mit einer allumfassenden Philosophie, einem Spirit, der von allen Verantwortlichen, allen Aktiven und den Fans verinnerlicht und gelebt wird. Ohne verkopfte Marketinghülsen. Nah am Fan. Schöne rot-weiße Welt…

Sportlich hat die Fortuna mit dem Schritt von Funkel zu Rösler Mut bewiesen und sich für eine modernere Art Fußball zu spielen entschieden. Ob zum richtigen Zeitpunkt? Wir werden es nie erfahren. Aber jetzt muss diese Spielidee, mit offensivem Pressing, variablen Systemen, schnellem Umschaltspiel und entsprechendem Spieler- und Trainerpersonal auch vorangetrieben und sukzessive in Richtung einer Idealvorstellung entwickelt werden.

Das alles sollte spätestens ab der U12 bis hoch in den Profikader als neue Fortuna-DNA gelebt werden. Die Durchlässigkeit muss wieder groß geschrieben werden. An dieser Stelle wird immer gerne das Beispiel Ajax Amsterdam herangezogen. Auch ich muss dies tun, da mir der Name eines ostdeutschen Aludosenprojektes, welches für eine ähnliche sportliche Philosophie steht, einfach nicht über die Tastatur gehen will.

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Foto: Frederic Scheidemann

Visionen sind das eine, zielführende Sofortmaßnahmen das andere. Daher erwarten hier einige wohl eher knackige Statements wie „Trainer raus!“, „Schickt Spieler X in die Wüste!“ oder „Ich will Mettbrötchen im Stadion!“ (warum gibt es die eigentlich nicht?). Da ich aber weder den Einblick in die tägliche Arbeit des „Staffs“ genieße, noch die Kompetenz eines sportlichen Direktors besitze und noch weniger über die Haltbarkeit und Verarbeitungsmöglichkeiten von Hackfleisch sagen kann, werde ich an dieser Stelle nicht über Entscheidungen dieser Art schreiben.

Dafür nutzen wir ja alle gerne andere Foren, in denen Woche für Woche mal sachlich, meist hochemotional über Aufstellungen, taktische Formationen, Spieler, Trainer und Friedhelm Funkel diskutiert wird. Und da das ja irgendwie auch das schönste an diesem ganzen verrückten Zirkus ist, freue ich mich jetzt wieder auf meine Rolle als bekloppter Fan und darüber, dass ich eben nichts zu sagen habe. Das macht das Ganze zwar nicht wirklich entspannter, dafür muss ich aber deutlich weniger Last auf meinen Schultern tragen. 95 Olé!

Sie sind Fortuna-Fan und wollen auch endlich mal zu Wort kommen? Dann bewerben Sie sich als Gast-Autor: fortuna@rheinische-post.de

(gic, jol, pab)
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