Adam Malysz: Der neue Tournee-Favorit

Garmisch-Partenkirchen (dpa). Bundestrainer Reinhard Heß (Foto) hat mal wieder bewiesen, wie gut er die internationale Konkurrenz beobachtet. "Unterschätzt den Adam Malysz nicht. Der hat eine ganz stabile Form und ist enorm gefährlich", erklärte er schon vor dem ersten Springen der Vierschanzentournee. "Der Junge ist selbstbewusst und immer gefährlich."

Wie Recht der Thüringer damit hatte, zeigte sich am Neujahrstag. Der schmächtige, 1,69 m große Pole flog nach Pech mit Rückenwind im ersten Durchgang zum sensationellen Schanzenrekord von 129,5 m und ist nun Zweiter in der Gesamtwertung hinter dem Japaner Noriaki Kasai. "Doch spätestens in Bischofshofen wird Adam ganz vorn sein", ist sich Sven Hannawald (Hinterzarten) sicher. "Tourneespitzenreiter Kasai, da bin ich überzeugt, wird noch einen Hänger haben."

Der 23-jährige Malysz, der im kleinen Beskiden-Örtchen Wisla - zu deutsch Weichsel - zu Hause ist und dessen Skiclub auch den Namen des in der Nähe entspringenden Flusses trägt, ist beileibe kein unbeschriebenes Blatt im Skispringer-Zirkus. Als 19-Jähriger gewann er 1996 beim Weltcup-Finale und Abschiedsspringen von Jens Weißflog am traditionsreichen Holmenkollen. Durch das Oberlippenbärtchen, das schelmische Lächeln und die blässliche Gesichtsfarbe hat er auch äußerliche Ähnlichkeit mit dem Oberwiesenthaler. Nachdem Malysz im Winter darauf noch zwei Weltcup-Erfolge in Japan feiern konnte, verschwand er in der Versenkung. Die Erfolge erdrückten ihn. Nur als 46. beendete Malysz den Weltcup-Winter 1998/99.

Psychologen haben dem Polen geholfen

An der sportlichen Auferstehung des Auto-Freaks Malysz haben neben dem in diese Funktion zurückgekehrten polnischen Auswahltrainers Appolonius Tajner vor allem Psychologen der Krakauer Universität großen Anteil. Beim Einstand vor drei Jahren belächelten die Springer das Team um Professor Jerzy Zoladz, der vor ihrem Olympiasieg 1996 auch mit der polnischen Schützin Renata Mauer zusammen gearbeitet hatte. Inzwischen gehören sie zur Mannschaft. Bereits im vergangenen Winter hatte Malysz wieder Kontakt zur Weltspitze - meist aber nur im Training, lediglich ab und an bei Wettkämpfen, wie der 4. Platz in Iron Mountain beweist. Dort kassierte er sein erstes 4 000 Mark Preisgeld seit 1997. Nun besserten 8 000 Mark nach dem vierten Platz in Oberstdorf sowie 14 000 Mark für den dritten Platz in Partenkirchen seine Kasse erheblich auf.

In diesem Winter springt Malysz sehr stabil, hat zudem mit den neuen Elan-Ski wieder wettbewerbsfähiges Material. In der polnischen Sportpresse war er schon vor dem Auftakt als Rückkehrer in die Weltspitze gefeiert worden. Selbst eine Disqualifikation zum Saison- Auftakt im finnischen Kuopio wegen zu langer Ski steckte er ohne Nachwirkungen weg. "Er ist gereift, mental inzwischen sehr stark und mit 23 im besten Springer-Alter", sagt sein Trainer - und hält mit seiner Überzeugung nicht hinter dem Berg: "An Adam werden wir noch viel Freude haben."

(RPO Archiv)
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