Mixed Martial Arts Umstrittenes Kampfspektakel auf dem rasanten Vormarsch

Berlin · Für die einen ist es pure Gewalt, für die anderen ein faszinierendes Schauspiel: Die Mixed Martial Arts - kurz "MMA" - gehören zu den rasant wachsenden Sportarten der Welt. Das umstrittene Kampfspektakel im Oktagon (Achteck) polarisiert. Entweder ist man dafür oder dagegen - dazwischen gibt es nicht. Eigentlich eine gute Ausgangsposition für eine boomende Sportart, die jedoch hierzulande auf Widerstand stößt. Im deutschen Fernsehen wurde MMA bereits verboten.

"Wir wollen die sportliche Landkarte auf dem Globus verändern. 74 Prozent unserer Fans sind nicht älter als 30 Jahre. Wir haben 1,7 Milliarden Downloads bei Youtube", sagte Marketingdirektor Garry Cook von der Ultimate Fighting Championship (UFC) dem Sport-Informations-Dienst (SID). Die UFC mit Sitz in Las Vegas ist der weltweit größte Veranstalter von MMA-Fights und hat in den USA beim Pay-per-View mit 1,6 Millionen Käufen pro Kampf dem Boxen schon den Rang abgelaufen. Cook: "Ich sage deutschen Politikern immer: Sie können unseren Sport nicht aufhalten."

Doch die harte Gangart im Käfig mobilisiert die Gegner. Vor allem die Regel, dass beim Bodenkampf noch geschlagen und zum Teil getreten werden darf, macht den Sport angreifbar. Oft wird ein Gegner mit Faust- und Ellenbogenhieben so lange bearbeitet, bis Blut spritzt. Gleichzeitig muss man der UFC zu Gute halten, dass sie die Regeln verschärft hat. Techniken wie Kopfstöße, Tiefschläge und das Einführen von Fingern in Körperöffnungen wurden abgeschafft.

Box-Größen gehen die Einschränkungen nicht weit genug. "Es ist ein brutaler Sport. Doch wer es mag, soll es sich ansehen", sagte Champion Arthur Abraham. IBF-Weltmeister Felix Sturm zeigte Respekt: "Die Jungs machen noch einige Dinge mehr als wir. Sie können einen schnell auf den Boden holen." Sturm meinte aber auch: "Da kann jeder Kampf der letzte sein!"

Zu Beginn des MMA Anfang der 1990-er Jahre war noch alles erlaubt. US-Filmregisseur John Milius ("Conan, der Barbar") hob den Sport aus der Taufe. Er wollte wissen, in welcher Kampfsport der wahre Champion zu finden ist und lud Kämpfer aller Stile (Boxen, Kickboxen, Ringen, Judo, Karate, Muay Thai, Jiu-Jitsu) ein. Als 2001 die Brüder Fertitta die UFC kauften, ging es bergauf. TV-Sender wie Fox sprangen an und machten die "gemischten Kampfkünste" dem Mainstream zugänglich.

Eine Erfolgsstory, die sich in Deutschland nicht fortsetzen ließ. Als 2010 im damaligen DSF erste Kämpfe gezeigt wurden, schritt die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) ein und verbot das Format. Eberhard Gienger, sportpolitischer Sprecher der CDU im Deutschen Bundestag, kann dem Kampfsport bis heute nichts abgewinnen. "Da zieht sich bei mir alles zusammen. Wenn einer am Boden liegt, wird da noch draufgehaun", sagte der frühere Turn-Weltmeister.

Doch die UFC lässt nicht locker. Bei einem Kampfabend am Samstag in der O2-World vor 12.000 Zuschauern trifft der frühere Wrestler Mark Munoz auf den einstigen Kickboxer Gegard Mousasi. Mousasi würde es sogar mit Box-Champion Wladimir Klitschko aufnehmen: "Ich würde ihn schlagen. Er ist der bessere Boxer. Aber er hat keine Techniken am Boden."

Ginge es nach Berlins Innensenator Frank Henkel, wäre der Kampfabend am Ostbahnhof nie zustande gekommen. "Das ist für mich kein Sport, sondern ein gewaltverherrlichendes Schauspiel", sagte der CDU-Politiker. Henkel sieht bei der O2-World aber keinen Handlungsspielraum: "Auf private Hallen hat der Senat keinen Zugriff."

Die ablehnende Haltung der Politiker können einige Mediziner nicht verstehen. Der Düsseldorfer Sportarzt Mahmoud Taghavi betreut MMA-Events und schreibt an einer Studie über Verletzungen bei dem Käfigsport: "Während eines Boxkampfes gehen die meisten Schläge bis zu zwölf Runden lang in Richtung Kopf. Und dort entstehen die gravierenden Verletzungen in Bezug auf neurologische Folgeschäden. Beim MMA enden statistisch gesehen von zehn Kämpfen drei oder vier, in denen es zu kaum einer Schlagwirkung gegen den Kopf kommt."

(sid)
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