Gütersloh Studie: Deutsche Mittelschicht schrumpft

Gütersloh · Gründe sind die steigende Zahl von Single-Haushalten, die Steuer- und die Arbeitsmarktreform.

Die Mittelschicht in Deutschland schrumpft einer Studie zufolge deutlich. Seit 1997 sei ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung von 65 auf 58,5 Prozent gesunken, heißt es in der Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung. Zur Mittelschicht gehören demnach 47,3 Millionen Menschen, rund 5,5 Millionen weniger als vor 15 Jahren. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft war dagegen im August zum gegenteiligen Ergebnis gekommen.

Als Mittelschicht bezeichnen die von der Bertelsmann-Stiftung beauftragten Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bremen Haushalte mit 70 bis 150 Prozent des mittleren Einkommens. Für das Schrumpfen der Einkommens-Mittelschicht werden drei Ursachen ausgemacht: die Zunahme von Ein-Personen-Haushalten, die Steuerreform sowie die Arbeitsmarktreformen. Während die oberen Einkommensschichten von der Senkung des Spitzensteuersatzes profitiert hätten, sei die Mittelschicht deutlich weniger entlastet worden. Durch die Arbeitsmarktreformen seien zahlreiche unterdurchschnittlich bezahlte Jobs entstanden. Der Aufstieg in die Mittelschicht gelinge immer seltener, stellen die Forscher fest. Die unteren Einkommen der Mittelschicht seien gefährdet, in einkommensschwache Bereiche abzurutschen. "Auch wenn weiterhin gute Chancen für höhere Einkommen bestehen, aus der Mittelschicht aufzusteigen, überwiegt die Abstiegs- gegenüber der Aufstiegsmobilität." Wer einmal aus der Mittelschicht herausgefallen sei, dem falle die Rückkehr schwerer als vor Jahren.

Die Unsicherheit in der Mittelschicht über die eigene Zukunft habe zugenommen. Große Sorgen machten sich heute 25 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe, im Jahr 2000 seien es nur 15 Prozent gewesen. Das Institut der Deutschen Wirtschaft hatte dagegen berichtet, Angst vor dem Abstieg sei meist unbegründet. Das Absinken in die Einkommensarmut sei selten und meist nur von kurzer Dauer.

(dpa)
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