Mitte Oktober Annäherung zu Wien erwartet Österreich hat Isolierung faktisch durchbrochen

Brüssel (dpa). Wann Österreich wieder ein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union wird, vermag in Brüssel derzeit niemand zu sagen. Aber es besteht kein Zweifel, dass es der Wiener Mitte-Rechts- Regierung nach knapp fünf Monaten faktisch gelungen ist, die diplomatische Isolierung in der EU zu durchbrechen.

In Brüssel hieß es, Mitte Oktober, beim EU-Sondergipfel im französischen Biarritz, werde es zu einem Signal in Richtung Wien kommen können: Die Aufhebung der Maßnahmen spätestens nach dem 1. Januar 2001 unter schwedischem EU-Vorsitz.

Man findet in Brüssel keinen Diplomaten, der die Lage nach Beginn der EU-Sanktionen im Februar nicht als verfahren bezeichnet. Was die 14 Staats- und Regierungschefs als Antwort auf die Koalition der Christdemokraten (ÖVP) mit der Partei des Rechtspopulisten Jörg Haider (FPÖ) beschlossen hatten - keine bilateralen Kontakte auf hoher diplomatischer Ebene, keine Förderung von Österreichern für internationale Spitzenposten - können auch nur sie selbst aufheben.

Nur die Regierungschefs, so hieß es in Brüssel, hatten und haben den Schlüssel für den Ausstieg aus der verfahrenen Lage. Der wurde jetzt ins Schloss gesetzt, ist man am EU-Sitz sicher. Mit dem portugiesischen Kompromiss ist nach Meinung von Diplomaten in Brüssel der Weg für einen gesichtswahrenden Ausstieg aus der Misere möglich. Allerdings glaubt kaum jemand, dass das eigentliche Ziel der Maßnahmen, die Haider-Partei umzukrempeln oder gar die Wiener Koalition zu kippen, erreicht wird.

Es gibt aber noch einige Daten-Probleme: Der EU-Gipfel in Biarritz ist am 13. und 14. Oktober und liegt knapp drei Wochen vor einem Euro-Referendum in Dänemark. Für die Befürworter des Euro sind die Maßnahmen gegen Wien eine Katastrophe. Also müsste schon vorher ein klares Signal kommen, dass sie abgeschafft werden. In Belgien wiederum sind am 8. Oktober Gemeindesratswahlen. Wenn die Rechtsradikalen, besonders der flämische Vlaamse Blok, in Schach gehalten werden sollen, dürfe die FPÖ vorher nicht hoffähig gemacht werden, heißt es in Brüssel.

Dann wäre da noch die französische EU-Ratspräsidentschaft, die von diesem Samstag an für sechs Monate läuft. Europaminister Pierre Moscovici hat in Brüssel bereits angedeutet, dass er eine "intelligente Mitarbeit" der Österreicher erwarte. Von der Aufhebung der Maßnahmen wollte er nichts wissen.

Zunächst also sollen drei so genannte Weise einen Bericht über die Lage der Minderheiten in Österreich vorlegen. "Wir wollen, dass sich diese Weisen sehr viel Zeit nehmen", hieß es am Freitag von französischer Seite. Im ersten Textentwurf, so berichten Diplomaten, stand, dass "auf der Grundlage dieses Berichtes" Schlüsse gezogen würden. Im Klartext: Unter den EU-Staats- und Regierungschefs wäre es zu langwierigen Diskussionen gekommen. Jetzt heißt es, dass ein Beschluss "auf Grundlage der Schlussfolgerungen" des Berichtes getroffen werde.

In Brüssel wird daraus abgeleitet, dass die Entscheidungsfindung somit vereinfacht und beschleunigt wird. Denn da es als sicher gilt, dass die drei "Weisen" in Österreich nichts Ehrenrühriges finden werden, müssen die Chefs diese Tatsache nur noch abnicken, und die Maßnahmen wären faktisch vom Tisch. Vom Ergebnis des EU-Gipfels in Nizza dürfte dann vermutlich das offizielle Ende der Isolierung Wiens abhängen, hieß es weiter. Dort wird über die EU-Reform beraten, und Frankreich will, dass dieser Abschlussgipfel unter seinem Vorsitz ein Erfolg wird. Das gehe eben nur mit "intelligenter Mitarbeit" Österreichs, folgert man in Brüssel. Sprich: Österreich solle nicht, wie angedroht, blockieren, und werde es wohl auch nicht.

FPÖ will EU-Volksbefragung in Österreich durchsetzen

Nach dem Beschluss der EU-Partner, Österreich von Experten politisch überprüfen zu lassen, wollen die rechtsgerichten Freiheitlichen in Österreich eine Volksbefragung über die EU durchsetzen. Wie der FPÖ-Fraktionsvorsitzende Westenthaler heute in Wien ankündigte, will die Regierungspartei dies im Koalitionsausschuss am kommenden Dienstag beschließen. Österreichs Bundeskanzler Schüssel wird am Montag auf Einladung von Ministerpräsident Teufel Baden-Württemberg besuchen.

(RPO Archiv)
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