Kraftwerk Datteln vor dem Aus

Dass die Deutsche Umwelthilfe (DUH) als grundsätzliche Gegnerin der Kohleverstromung ein Gutachten präsentieren würde, in dem eine nachträgliche Genehmigung des Eon-Kraftwerkbaus in Datteln rechtlich ausgeschlossen wird, war erwartbar. Überraschend ist, dass dieses Gutachten im Landtag auch bei den Freunden des Kraftwerkes äußerst ernst genommen wird. Wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand: Öffentlich wollen weder die rot-grüne Koalition noch die Opposition als "Totengräber von Datteln" dastehen.

Martin Schulte (Uni Dresden) stellt in seiner Expertise fest, dass der gerichtlich gestoppte Kraftwerksrohbau so eklatant gegen geltendes Recht verstoßen hat, dass er auch im Nachhinein nicht mehr legalisiert werden kann. Dass Eon die Fertigstellung des Baus, der bislang fast eine Milliarde Euro gekostet hat, also vermutlich vergessen kann.

Das Oberverwaltungsgericht in Münster hatte im September 2009 den Bebauungsplan für unwirksam erklärt und einen Baustopp verfügt. Grund: Die Stadt habe Vorgaben übergeordneter Behörden zum Natur- und Anwohnerschutz missachtet. Seither versuchen Eon und die politischen Befürworter des Kraftwerks, diese übergeordneten Vorgaben im Nachhinein über ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren so abzuändern, dass Eon den Bau fertigstellen kann.

Die erste übergeordnete Behörde, der Regionalverband Ruhr, will erst einmal juristisch begutachten lassen, ob ein Zielabweichungsverfahren in diesem Fall überhaupt zulässig ist. Über den Auftrag für ein solches Gutachten wird am 26. Januar entschieden.

Auffallend spät. Die DUH hat denselben Auftrag schon vor Monaten an Schulte erteilt. Der renommierte Verwaltungsrechtler hält ein Zielabweichungsverfahren für Datteln aus diversen Gründen für unzulässig – unter anderem deshalb, weil solche Verfahren die ursprüngliche Landesplanung nur im Detail, aber niemals im Grundsatz unterlaufen dürfen. Genau das sei in Datteln aber der Fall.

"Das ist ein schwerer Schlag", sagte ein Unionspolitiker. "Selbst wenn es noch andere Rechtsauffassungen gibt, liefert das Gutachten trotzdem genug Munition, um Datteln auf dem Gerichtsweg verhungern zu lassen." Stimmt diese Einschätzung, hat Eon ein Problem. Ein anderes Ass als das Zielabweichungsverfahren hat der Konzern nämlich nicht in der Tasche: "Wir konzentrieren uns auf das Zielabweichungsverfahren", sagte ein Sprecher gegenüber unserer Zeitung, "einen Plan B gibt es nicht."

(Rheinische Post)
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