Russland: Polnischer General schuld an Kaczynski-Absturz

Neun Monate nach dem Absturz der polnischen Präsidentenmaschine haben russische Ermittler einem hohen polnischen Militär die Schuld für das Unglück gegeben, bei dem Lech Kaczynski und 95 weitere Menschen getötet wurden. Die Untersuchungskommission stellte in Moskau auf einer Pressekonferenz den offiziellen Abschlussbericht vor und erklärte, ein polnischer Luftwaffenkommandeur habe im Cockpit Druck auf die Piloten ausgeübt. Er habe sie gedrängt, trotz des schlechten Wetters zu landen. Der Kommandeur wies den Angaben zufolge einen Blutalkoholwert von 0,6 Promille auf.

Die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Tatiana Anodina, sagte, die Anwesenheit des Kommandeurs habe einen psychologischen Effekt auf die Piloten gehabt. Sie seien das nicht zu rechtfertigende Risiko eingegangen, den Landeanflug im April 2010 nahe Smolensk trotz aller Widrigkeiten durch den dichten Nebel fortzusetzen. Ein Fehlverhalten der russischen Fluglotsen wurde dagegen nicht festgestellt.

Die Ergebnisse der Kommission dürften die polnische Regierung verärgern, die bereits bemängelte, dass frühere Entwürfe des Abschlussberichts nicht auf die Frage eingingen, ob die Fluglotsen angesichts der schlechten Sicht eine Landung überhaupt erlauben durften. Im Dezember warf der polnische Ministerpräsident Donald Tusk den russischen Ermittlern bereits Fahrlässigkeit und Fehler vor.

Kaczynski und seine Delegation waren auf dem Weg zu einer Gedenkveranstaltung für die polnischen Opfer des Massakers von Katyn im Zweiten Weltkrieg. Die symbolische Bedeutung von Kaczynskis Besuch erhöhte offenbar den Druck, die Maschine trotz des schlechten Wetters zu landen. Allerdings sagte der technische Leiter der Untersuchungskommission, Alexej Morosow, Kaczynski habe keine konkreten Anweisungen gegeben, die Maschine zu landen.

Bei dem Unglück damals gab es keine Überlebenden. Neben dem Staatspräsidenten und seiner Ehefrau waren unter den Opfern auch Mitglieder der militärischen Führung des Landes, Unternehmer, Geistliche, Abgeordnete und Oppositionspolitiker.

(Rheinische Post)
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