Washington John McCain rechnet mit Trump ab

Washington · Der unheilbar kranke US-Senator hat ein Buch veröffentlicht - ein Vermächtnis und eine letzte Attacke.

Der todkranke US-Senator hat ein Buch veröffentlicht - als Vermächtnis und vielleicht letzte Attacke.

John McCain weiß, dass er bald sterben wird. Er leidet an einem unheilbaren Hirntumor. Im Senat in Washington, in dem er Arizona vertritt, hat man ihn seit Längerem nicht mehr gesehen. "Meine Stunde hat geschlagen", schreibt McCain in einem Buch, aller Wahrscheinlichkeit nach seinem letzten.

"The Restless Wave" ("Die ruhelose Welle"), gestern in den USA erschienen, ist mehr als ein Memoirenband. Es ist ein Plädoyer für eine Republik, die weltweit für ihre Ideale kämpft, statt sich abzuschotten. Die für Werte steht, statt strikt an den eigenen Vorteil zu denken. Und da mit Donald Trump ein strikt auf den eigenen Vorteil bedachter Nationalist im Weißen Haus residiert, ist es auch eine Kritik an Trump.

Den rügt der 81-Jährige etwa dafür, dass er in der Flüchtlingskrise jegliche Empathie vermissen lasse. Die Welt erwarte ein Amerika, das sich der Probleme der Menschheit annehme. "Wir sollten stolz sein auf diesen Ruf. Ich bin nicht sicher, ob der Präsident das versteht." Trump, schreibt McCain auch, scheine der moralische Charakter von Herrschern nicht zu interessieren. "Zur Schau gestellte Härte oder ein Reality-Show-Faksimile von Härte scheinen ihm wichtiger zu sein als unsere Werte. Mit Schmeicheleien sichert man sich seine Freundschaft, mit Kritik seine Feindschaft."

Auch für Amerikaner, die politisch nichts mit ihm am Hut haben, ist McCain der Gegenentwurf zu Trump. Er war fünfeinhalb Jahre in nordvietnamesischer Kriegsgefangenschaft, Trump ließ sich von einem Arzt einen Fersensporn attestieren, um nicht nach Vietnam eingezogen zu werden.

Und McCain steht wie kaum ein anderer für die Kultur der Debatte. Er liebt den Streit, die geistreiche Zuspitzung. McCain, witzelt sein alter Vertrauter Mark Salter, würde sogar die Straßenseite wechseln, wenn er drüben jemanden entdecke, mit dem er seine Kräfte messen könne. Allerdings war es nie seine Art, Kontrahenten niederzumachen.

2008, er duellierte sich mit Barack Obama ums Weiße Haus, sagte eine seiner Anhängerinnen, sie traue diesem Obama nicht, das sei doch ein Araber. Nein, sagte McCain, der sei ein anständiger Familienmensch, mit dem er zufällig Meinungsverschiedenheiten habe. Trump dagegen bereitete den Boden für seine Kandidatur, indem er anzweifelte, dass Obama auf amerikanischem Boden geboren wurde. Was für ein Kontrast! Es sei unpatriotisch, "die Ideale aufzugeben, die wir in der Welt etabliert haben, nur um einem halbgaren Nationalismus zu genügen", mahnt McCain.

(RP)
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