Stasi-Abhörprotokolle: Gericht verhandelt Kohl-Klage Anfang Juli
Berlin (dpa). Das Berliner Verwaltungsgericht will die Klage von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) gegen die Veröffentlichung von Stasi-Abhörprotokollen Anfang Juli verhandeln. Das kündigte der Präsident des Gerichts, Alexander Wichmann, am Dienstag in Berlin an.
Im Streit mit der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, will Kohl per Gerichtsentscheid die Herausgabe ihn betreffender Akten verhindern. Die Verhandlung soll vor der 1. Kammer des Gerichts stattfinden.
Kohl hatte die Klage Anfang Dezember eingereicht. Die Akten über ihn seien "unter schwerwiegender Verletzung der Menschenwürde durch kriminelles Handeln zu Stande gekommen", hatten die Anwälte Kohls erklärt. Alle Opfer der in höchstem Maße rechtswidrigen Tätigkeit müssten durch das Stasi-Unterlagengesetz geschützt werden, forderten die Anwälte.
Seitdem tobt ein heftiger Streit um den Umgang mit den Stasi- Akten, der inzwischen über den Fall Kohl hinausgeht. Birthler hat zwar zugesichert, bis zur Gerichtsentscheidung keine Abhörprotokolle über Kohl an Wissenschaftler oder Journalisten herauszugeben. Zugleich hatte sich die Bundesbeauftragte dagegen gewandt, generell keine Akten mehr über Personen der Zeitgeschichte herauszugeben.
In einem Brief an den Bundestags-Innenausschuss betonte sie, dass die vom Gesetz vorgesehene Abwägung zwischen Persönlichkeitsschutz und öffentlichem Interesse an der Stasi-Aufarbeitung nicht zu einem absoluten Vorrang des Persönlichkeitsschutzes verschoben werden dürfe.
Innenminister Otto Schily (SPD) hatte sich gegen die Herausgabe von Akten mit der Position gewandt, dies unterlaufe den Opferschutz. Bislang gibt es keine Einigung zwischen Ministerium und Stasi- Unterlagen-Behörde.
Die Behörde von Birthler arbeite jetzt intensiv an einer neuen Richtlinie zur Akten-Herausgabe, sagte Behördensprecher Christian Booß. Danach sollen Politiker und Prominente in jedem Fall informiert werden, bevor Unterlagen über sie weiter gegeben werden.
