Atommülllager Asse Zehnmal mehr Giftmüll als bisher bekannt

Bad Saarow (RPO). Im maroden Atommülllager Asse lagern zehn Mal mehr Fässer mit mittelradioaktivem Abfall als bislang angenommen. Das geht aus einem Inventarbericht hervor, den das Bundesforschungsministerium am Freitag veröffentlichte. Die Opposition versucht indes den Schulterschluss gegen die schwarz-gelben Atompläne. Die Linkspartei bietet SPD und Grünen eine Zusammenarbeit an.

Dem Bericht zufolge sind knapp 14.800 Abfallbehälter, die ursprünglich als leichtradioaktive Stoffe deklariert wurden, mit mittelaktiv strahlendem Material gefüllt. Bisher war man von knapp 1300 solchen Fässern ausgegangen. Aus dem Bericht geht außerdem hervor, dass die Behälter in mehreren Lagerkammern auf verschiedenen Ebenen des Bergwerks verteilt liegen, was zuvor ebenfalls nicht bekannt war.

"Alle bisherigen Angaben falsch"

"Mit jedem Stück mehr Wissen zeigt sich, dass die bisherigen Angaben über das radioaktive Inventar in der Asse falsch waren", erklärte die atompolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl. Der Bericht mache deutlich, dass das Atommülllager so schnell wie möglich geräumt werden müsse.

Das ehemalige Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel wurde seit 1965 zwar offiziell als Forschungseinrichtung des Bundes betrieben. In dem Schacht wurden aber über Jahrzehnte auch radioaktive Abfälle der Industrie in großen Mengen abgelegt, da ein Endlager nicht zur Verfügung stand.

Das inzwischen einsturzgefährdete Lager soll möglichst komplett geräumt werden und der Müll wieder an die Oberfläche gebracht werden. Dafür sind Kosten von zwei Milliarden Euro eingeplant, Experten-Schätzungen reichen aber bis zu sechs Milliarden Euro.

Organklage des Bundestags

Im Kampf gegen den Atomkompromiss der Koalition sucht Linksfraktions-Chef Gregor Gysi den Schulterschluss mit SPD und Grünen. "Wir sind bereit, sie zu fragen, uns an einer Organklage des Bundestags dagegen zu beteiligen, dass der Bundesrat nicht einbezogen wird", sagte Gysi am Freitag nach einer Klausurtagung der Linksfraktion in Bad Saarow.

Unterdessen hat die Bundesregierung die Vorwürfe zurückgewiesen, sie wolle durch ihre Vereinbarungen mit den Stromkonzernen das Parlament umgehen.

Die Klage der Opposition soll erreichen, dass die Bundesregierung die Bundesländer nicht wie geplant bei der Entscheidung über verlängerte Laufzeiten der deutschen Atommeiler übergehen kann. "Die SPD will das, die Grünen wollen das, wir wollen das auch", betonte Gysi.

Der Linksfraktionschef bedauerte zugleich, dass die Fristen für den Atomausstieg unter der früheren rot-grünen Bundesregierung "viel zu lang" gesetzt worden seien. Seine Partei habe bereits damals davor gewarnt, dass der Ausstiegsbeschluss bei neuen Mehrheitsverhältnissen kassiert werde.

SPD-Regierungschefs bekräftigen Entschlossenheit zu Verfassungsklage

Alle fünf SPD-Ministerpräsidenten haben in einem gemeinsamen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Absicht bekräftigt, die schwarz-gelben Atompläne notfalls mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu stoppen. Das berichteten die in Dortmund erscheinenden "Ruhr Nachrichten". In dem Schreiben vom 9. September kündigten die Regierungschefs demnach ihren "entschiedenen Widerstand" gegen die Pläne an. Sie würden "bei einer nicht verfassungskonformen Beteiligung der Länder am Gesetzgebungsverfahren" zusammen Normenkontrollklage in Karlsruhe einreichen.

Unterzeichnet wurde der Brief den Angaben zufolge von den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen (Hannelore Kraft), Rheinland-Pfalz (Kurt Beck), Berlin (Klaus Wowereit), Brandenburg (Matthias Platzeck) und Bremen (Jens Böhrnsen). Die von ihnen geführten Landesregierungen hatten bereits zuvor angekündigt, sie würden vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, falls die Bundesregierung eine Verlängerung von Atomkraftwerkslaufzeiten im Rahmen ihres Energiekonzepts ohne Beteiligung des Bundesrats durchsetzen wolle.

Regierung weist Vorwürfe zurück

Unterdessen hat die Bundesregierung im Streit um die Energiepolitik Vorwürfe zurückgewiesen, durch ihre Vereinbarungen mit den Stromkonzernen das Parlament umgehen zu wollen. Sprecher der Regierung hoben am Donnerstag in Berlin hervor, dass der Bundestag in die weitere Ausarbeitung des entsprechenden Vertrags einbezogen sei.

Die Rechte des Parlaments würden "in keiner Weise eingeschränkt", sagte der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert.

(apd/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort