Revolution von oben Schwarz-Gelb feiert Atom-Einigung

Düsseldorf (RPO). So euphorisch haben sich Kanzlerin und schwarz-gelbes Kabinett wohl noch nie gelobt. Die Einigung beim nächtlichen Atom-Gipfel lässt Angela Merkel von einer "Revolution" sprechen, andernorts machen Begriffe wie "epochal" oder "neue Zeitrechnung" die Runde. Tatsächlich hat die Regierung bei ihrem Konzept weitaus mehr im Blick als eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke.

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Foto: ddp

Oftmals war in den vergangenen Tagen der Eindruck entstanden, als ginge es nur um eine Möglichkeit, durch länger laufende Atomkraftwerke mehr Einnahmen für den abgründig verschuldeten Haushalt zu generieren.

Und tatsächlich hat Finanzminister Wolfgang Schäuble die Mehreinnahmen aus der Energie-Quelle bereits fest in seinem Sparpaket eingeplant.

Die Frage, wie viel die Atom-Konzerne beizusteuern hätten, bleib freilich solange umstritten, bis "Mutti", so einer von Merkels Spitznamen, der Kragen platzte. Auf dem Berliner Atom-Gipfel zimmerten die Beteiligten eine Einigung zusammen.

Merkel, ihre zuständigen Minister und die Spitzen von CDU, CSU und FDP erzielten in einer Marathonsitzung einen komplizierten Kompromiss: Sieben ältere Atomkraftwerke sollen acht zusätzliche Jahre Produktionszeit bekommen, für die zehn moderneren Reaktoren sollen es 14 Jahre sein.

Ein Plan für die Ewigkeit

Die Strategie lautet: Einbettung

Daher lautet die Strategie nach dem Atom-Beschluss offenkundig: Einbettung. Merkel skizzierte die Atomkraft daher am Montag mehrfach als Brückentechnologie und verbindet sie mit weniger konfliktträchtigen Energieträgern wie Wind, Wasser, Sonne.

Doch um den Weg dorthin schaffen zu können, braucht es nach Ansicht von Schwarz-Gelb ist die so heiß umstrittene Nukleartechnologie noch unverzichtbar. Mit ihrer Hilfe soll auf Grundlage des Ende Augusts vorgelegten Energie-Gutachtens der Weg in die Zukunft gebaut werden.

Ziel: das Zeitalter der erneuerbaren Energien möglichst schnell zu erreichen.

Fahrplan bis zum Jahr 2050

Auch Klimaexperten spenden für die ehrgeizigen Ziele großes Lob. "Das ist ein tragfähiger Kompromiss. Mir fällt kaum etwas ein, das man hätte besser machen können ", sagte die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Claudia Kemfert, unserer Redaktion. "Ich habe noch keine Regierung gesehen, die sich derart ambitionierte Ziele setzt. Das ist weltweit einmalig in dieser Dimension", so Kemfert.

Mit Brüderle in ein neues Zeitalter

Als Schwerpunkte des Energiekonzepts der Bundesregierung zur Förderung der erneuerbaren Energien nannte die Kanzlerin drei konkrete Beispiele: nämlich den Ausbau der Stromnetze, die Forschung im Bereich von Speicherbausteinen und Gebäudesanierungen zur besseren Wärmedämmung. Auch Windenergie soll offenbar eine tragende Rolle spielen.

Röttgen kündigte an, dass die staatliche KfW-Bankengruppe ein Förderprogramm für zehn neue Windparks im Volumen von rund fünf Milliarden Euro auflegen werde.

Letzte Hürde Bundesrat

Zudem hat Merkel eine weitere Einnahmequelle aufgetan: Merkel kündigte an, dass die Einnahmen aus den CO2-Zertifikaten ab 2013 zu hundert Prozent für den Klimaschutz und die Förderung der erneuerbaren Energien verwendet werden sollen.

Freilich droht die so euphorisch von der Bundesregierung ausgerufene Energie-Revolution noch an einer Behörde zu scheitern. Mehrere Bundesländer haben bereits angekündigt, gegen die Laufzeitverlängerung vor dem Bundesverfassungsgericht klagen zu wollen.

Auch NRW zählt dazu. "Nordrhein-Westfalen wird beim Bundesverfassungsgericht klagen, wenn die Bundesregierung mit ihren Atomplänen versucht, den Bundesrat zu umgehen", kündigte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Montag an.

(dapd/RTR/AP/AFP)
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