Streit um Akw-Laufzeiten Regierung macht Atom-Deal öffentlich

Berlin (RPO). Die Bundesregierung hat ihre Vereinbarung mit den Betreibern von Atomkraftwerken teilweise veröffentlicht. Das bislang unter Verschluss gehaltene Papier begrenzt die Kosten der Betreiber für eine mögliche Nachrüstung von Atomkraftwerken auf 500 Millionen Euro je Atomkraftwerk. Um das vermeintliche Geheimdokument hatte es zuvor helle Aufregung in Berlin gegeben.

Maybrit Illner verunsichert Norbert Röttgen
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Unter Punkt vier der Vereinbarung heißt es dazu wörtlich: "Der Förderbetrag mindert sich für die laufenden und künftigen Jahre, wenn insgesamt oder für das jeweilige KKW (...) ab dem 6. September 2010 gestellte Nachrüstungs- und Sicherheitsanforderungen einen Gesamtbetrag von 500 Mio. Euro für das betreffende KKW überschreiten."

Kosten die über die 500 Millionen Euro je Akw hinaus gingen, würden somit den Bund treffen, da sie mit den Abschöpfungen der Zusatzgewinne der Akw-Betreiber durch die Laufzeitverlängerung verrechnet würden. Außerdem würden dadurch die Zahlungen für den Fonds für erneuerbare Energien gemindert, sollte die auf sechs Jahre befristete Brennelementesteuer verlängert oder verändert werden.

Union und FDP hatten am Sonntag beschlossen, die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre zu verlängern. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll verstärkt gefördert werden. Das Dokument können Sie hier herunterladen.

"Anschlag auf die Demokratie"

Um das vermeintliche Geheimdokument hatte es zuvor helle Aufregung in Berlin gegeben. "Der Eindruck, dass es in dieser für die Sicherheit der Menschen und die Zukunft unseres Landes so zentralen Frage Geheimabsprachen gibt, ist unerträglich und steht im Widerspruch zur Verfassung", schrieb die Grünen-Fraktion an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ähnlich äußerte sich auch der geschäftsführende SPD-Fraktionschef Joachim Poß.

Von einem "Anschlag auf die Demokratie" sprach Links-Fraktionschef Gregor Gysi. Alle drei Fraktionen drohen mit Verfassungsklagen. Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International kritisierte eine mögliche Aushebelung von Rechten des Parlaments.

Union und FDP hatten am Sonntag beschlossen, die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre zu verlängern. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll verstärkt gefördert werden. Das Konzept sei im Fraktionsvorstand gefeiert worden, sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich.

Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier warnte Union und FDP erneut davor, bei ihrem Vorgehen den Bundesrat zu umgehen. Die Verlängerung der Laufzeiten stellte eine "nicht nur marginale, sondern wesentliche" Änderung des Atomrechts dar und sei somit zustimmungspflichtig, schrieb Papier nach einem Bericht des "Handelsblatts" in einem Aufsatz.

Unterdessen drohte auch das CDU/FDP-regierte Schleswig-Holstein mit einem Nein im Bundesrat, sollte der Bund Einnahmeausfälle wegen der steuerlichen Absetzbarkeit der Brennelementesteuer nicht ausgleichen.

"Durch den Weiterbetrieb der Akw fallen in den nächsten Jahrzehnten tausende Tonnen hochradioaktiven Atommülls an", erklärte der Sprecher der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt", Jochen Stay, zu der Protestaktion vor dem Reichstagsgebäude. Für den 18. September haben Atomkraftgegner zu einer Großkundgebung in Berlin aufgerufen.

(AFP/nbe)
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