Andreas Pinkwart im Interview Neue Atomkraftwerke sind möglich

Düsseldorf (RP). Der Landesvorsitzende der NRW-FDP, Andreas Pinkwart, bekennt sich im Interview mit unserer Redaktion ausdrücklich zur Atomenergie. Auch den Bau neuer Kernkraftwerke hält er für möglich. Zudem warnt Pinkwart davor, eine Zusammenarbeit mit den SPD und Grünen im Land und im Bund grundsätzlich auszuschließen.

Herr Pinkwart, ist die Europawahl ein Test für die Bundestagswahl im Herbst?

Pinkwart Durchaus. In Deutschland haben immer mehr Arbeitnehmer das Gefühl, dass ihnen netto immer weniger bleibt. Die FDP wird sich klar als Anwalt dieser vergessenen Mitte positionieren. Wir brauchen im Bund eine Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft wie wir sie in Nordrhein-Westfalen bereits eingeleitet haben. Im Bund dagegen haben CDU und SPD nichts für Deutschland erreichen können. Ich erinnere nur an die Gesundheitsreform, die doch niemand mehr ernst nehmen kann.

Wäre für Sie die SPD in NRW ein Partner?

Pinkwart Darüber brauche ich mir keine Gedanken zu machen. CDU und FDP arbeiten in NRW erfolgreich zusammen.

In Umfragen hat Schwarz-Gelb nach wie vor die klare Mehrheit. Halten Sie eine schwarz-gelb-grüne Jamaika-Koalition für denkbar?

Pinkwart Wir wollen doch die beste Lösung, weil das Land eine mutige, nachhaltige Politik braucht. NRW wurde jahrzehntelang unter seinen Möglichkeiten regiert. Ich will weiter Gas geben und nicht das das Tempo verlangsamen. Deswegen trete ich dafür ein, dass wir in Bund und Land mit einer möglichst starken FDP nicht in Koalitionen kommen, die aus mehr als zwei Parteien bestehen.

Ist es klug, dass sich die FDP so stark an die CDU bindet?

Pinkwart Gerade wir in NRW haben stets betont, dass die FDP eine eigenständige, selbstbewusste Partei ist. Wir machen zwar auch Koalitionsaussagen, aber nur, wenn sie wechselseitig sind. So war das bei der Landtagswahl 2005, und ich empfehle, dies auch mit Blick auf 2010 so zu halten. Für die Bundestagswahl sollte das auch gelten.

Sie haben keine Angst, dass sich die FDP wie in Hessen einmauert?

Pinkwart In Hessen wurden andere Bündnisse ausgeschlossen. Das würde ich weder in NRW noch im Bund so machen. Die Gesprächsfähigkeit zu den anderen demokratischen Parteien muss auf jeden Fall erhalten bleiben. Es wird allerdings mit der FDP niemals eine Koalition um jeden Preis geben. Schwarz-Gelb in NRW ist für Sie das Vorbild für den Bund 2009 ... Pinkwart NRW ist für mich nach wie vor die Blaupause für Berlin.

In Sachen Schulpolitik wollen Sie andere Wege gehen als die CDU in NRW. Verstoßen sie damit nicht gegen den Koalitionsvertrag?

Pinkwart Ganz und gar nicht. Unser Zwei-Säulen-Modell zielt ja erst auf die Zeit nach 2010 ab. Aber darüber muss man sich natürlich schon jetzt Gedanken machen. Auf dem Parteitag in Münster werden über die Leitplanken für unseren Bildungskongress im Juni beraten. Im Herbst wird darüber in den Regionen breit diskutiert werden, so dass im November ein Beschluss über die Weiterentwicklung unserer Schulpolitik mit Blick auf das kommende Jahrzehnt gefasst werden kann.

In NRW ist eine Diskussion über die Anzahl der Kopfnoten entbrannt. Sind sechs Kopfnoten sinnvoll?

Pinkwart Wir stehen zu den Kopfnoten. Sollte sich im Praxistest herausstellen, dass die Anzahl zu hoch ist, werden wir darauf reagieren. Das ist ein Zeichen von Stärke. Wer zu allem ,Basta‘ sagt, verliert die Mehrheitsfähigkeit.

Trotz der Einführung von Studiengebühren sind viele Universitäten in NRW noch marode. Steht ihre Geld-zurück-Garantie noch?

Pinkwart Ja. Sie gilt, wenn Studierende bei mangelhaften organisatorischen Studienbedingungen ein Semester verpassen. In der Regel gelingt es aber fast immer, bei Umbaumaßnahmen Ausweichmöglichkeiten bereitzustellen. An jeder Hochschule gibt es eine Schiedskommission, die über die Rückerstattung entscheidet. Bislang sind uns 30 Fälle bekannt, in denen Geld zurückgezahlt wurde.

Sie wollen drei neue Fachhochschulen in NRW einrichten. Wo werden die Standorte sein?

Pinkwart Das Kabinett wird noch vor der Sommerpause entscheiden, wie viele neue Fachhochschulen mit welcher Fachausrichtung gebaut werden und wie die Finanzierung aussieht. Dann beginnt der Standort-Wettbewerb. Ich rechne mit vielen Bewerbungen. Geplant ist, dass der Schwerpunkt auf Technik- und Ingenieurwissenschaften gelegt wird, darüber hinaus soll es eine Fachhochule für Gesundheit geben.

Sie sind auch Technologieminister. Ist der Bau von neuen Atomkraftwerken vorstellbar?

Pinkwart Wir müssen zur energiepolitischen Vernunft zurückkommen. Angesichts unserer CO2-Einsparziele und der knapper werdenden Ressourcen sollten wir unsere leistungsfähigen und sicheren Atomkraftwerke länger am Netz halten. So gewinnen wir Zeit für die Forschung. Es kann sein, dass man in der Zukunft zu der Einsicht kommt, an den bestehenden Standorten neue Anlagen der vierten Generation zu bauen.

Halten Sie das für durchsetzbar?

Pinkwart Da bin ich zuversichtlich. Die Einstellung zur Atomenergie hat sich gewandelt. Es setzt sich die Einsicht durch, dass wir nicht auf einer einsamen Insel leben. Mit jedem Kernkraftwerk, das wir abschalten, gehen in Ländern, die über weniger Know how verfügen als wir, neue ans Netz. Das heißt allerdings ausdrücklich nicht, dass wir regenerative Energien vernachlässigen dürfen ­ im Gegenteil: Auch hier müssen wir noch viel mehr in Forschung und Entwicklung investieren.

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