Mehr psychische Erkrankungen und Arbeitsunfälle Arbeitnehmer sind 546 Millionen Tage im Jahr krank

Berlin · Psychische Erkrankungen nehmen zu. In den Personalabteilungen werden deshalb immer mehr Fehltage registriert. Die Linkspartei fordert jetzt flächendeckende Kontrollen, um den psychischen Druck im Job zu erfassen.

Eine Frau an ihrem Arbeitsplatz (Symbolfoto).

Eine Frau an ihrem Arbeitsplatz (Symbolfoto).

Foto: dpa, Oliver Berg

Die Zahl der Krankheitstage von deutschen Arbeitnehmern ist im vergangenen Jahrzehnt um mehr als 70 Prozent gestiegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach nahm die absolute Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage bei Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 319 Millionen im Jahr 2008 auf 546 Millionen im Jahr 2017 zu. Das ist ein Zuwachs von 71 Prozent. Allerdings stieg in den zehn Jahren auch die Zahl der Beschäftigten stark an. Allerdings nahm laut der Antwort des Arbeitsministeriums auch der durchschnittliche Krankenstand zu. Er stieg von 3,3 Prozent pro männlichem GKV-Versichertem im Jahr 2008 auf 4,0 Prozent im Jahr 2018, wie aus der Antwort des Arbeitsministeriums hervorgeht. Bei den Frauen stieg der Krankenstand von 3,5 auf 4,5 Prozent zwischen 2008 und 2018.

Psychische Erkrankungen als Ursache der Krankschreibungen nahmen demnach bis 2017 enorm um 144 Prozent zu. Hatte es 2008 noch gut 40 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Leiden gegeben, waren es 2017 bereits 98 Millionen. Frauen seien mit gut 60 Millionen Krankheitstagen 2017 deutlich häufiger betroffen gewesen als Männer mit unter 40 Millionen. Allerdings war der Anstieg psychischer Erkrankungen seit 2008 mit rund 160 Prozent bei Männern deutlich ausgeprägter als bei den Frauen.

Der Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstage verringerte auch die Wirtschaftsleistung. Der Produktionsausfall aufgrund der Krankschreibungen von Arbeitnehmern stieg von 43 Milliarden Euro 2008 auf 76 Milliarden im Jahr 2017 – oder um 77 Prozent, wie aus der Antwort hervorgeht.

Die Linken bekräftigten vor diesem Hintergrund ihre Forderung nach einer Anti-Stress-Verordnung der Regierung. „Sie ist längst überfällig. Sie bedeutet klare und verbindliche Richtlinien, um Stress bei der Arbeit einzudämmen“, sagte Linken-Politikerin Jutta Krellmann. Sie forderte flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen, um die Gefährdung der Arbeitnehmer durch wachsenden psychischen Druck besser zu erfassen. „Die wichtigste Kontrollinstanz sind starke Betriebsräte. Doch ihre Zahl nimmt weiter ab“, beklagte sie.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Fassung dieses Artikels hatte es geheißen, der durchschnittliche Krankenstand sei von 3,3 auf 4,0 Krankheitstage pro GKV-Versichertem gestiegen. Tatsächlich handelt es sich aber um einen prozentualen Anstieg, den die Krankenkassen jedes Jahr ermitteln. Die durchschnittliche Zahl der Krankheitstage ist deutlich höher.

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